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Kultur im «Lat­tich» – Gratis Location für Kurz-Projekte

«Lat­tich» geht in Runde zwei!!! Bereits im Spät­som­mer 2016 wurde unter diesem  Titel das Gü­ter­bahn­hofare­al mit SBB-Halle im Herzen St.Gallens für eine kulturelle Zwischennutzung geöffnet. Aus­stel­lun­gen, Film­aben­de und vieles mehr gaben sich dort ein Stelldichein. Und die Resonanz der kulturinteressierten Öffentlichkeit war immens. Deshalb geht’s weiter mit «Lat­tich». Von Mai bis Oktober 2017 wird die auf dem Areal liegende Lagerhalle sogar für spezifische kulturelle Projekte teilweise gratis vergeben! Interessierte können sich bis zum 15. April mit einem Kurzdossier bewerben. Und zwar an halle@lattich.ch

„Wir bieten Platz für renommiertes Kunstschaffen, innovative Formen und überraschende Experimente“, erklärt Ann Katrin Cooper, welche gemeinsam mit Tobias Spori für das Geschehen in der Halle zuständig ist. Beide zielen auf ein Programm ab, das den darstellenden Künsten wie Sprech- und Musiktheater, Tanz und Performance ebenso gerecht wird, wie den bildenden Künsten und der Literatur. Mit der Sparte „Jungblut“ ist ein Programm von und für junge Menschen vorgesehen.

Im «Lat­tich» sind Künstler aller Sparten gesucht

Jeden Monat soll zudem der Raum an fünf Tagen Kunst- und Kulturschaffenden für ein spezifisches Projekt gratis zur Verfügung stehen. Kreativ-Täter mit Bezug zum Kanton St.Gallen, Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden oder zum Thurgau hat, sind herzlich eingeladen, sich bis zum 15. April mit einem Kurzdossier zu bewerben.

Parallel zur Bespielung der SBB-Lagerhalle durch Kunst- und Kulturschaffende wird aber auch die Aussenfläche erneut belebt – unter anderem mit einem Spielort für Kinder, einem kleinem Gastronomie-Angebot und einem Gardening-Projekt.

Was Lattich ist und worum es geht… dazu finden sich hier weitere Eindrücke:

Klick drauf! Film Lattich

 

Oder im aktuellen Tagblatt-Bericht sowie im SAITEN-Magazin

 

Für Rückfragen stehen zur Verfügung:

Gabriela Falkner, Co-Präsidentin Verein «Lattich», 078  910 74 71, info@lattich.ch
Marcus Gossolt, Co-Präsident Verein «Lattich», 071 534 38 55, info@lattich.ch
Ann Katrin Cooper, Kuratorin der Halle, 078 866 29 33, halle@lattich.ch

 

Atelier-Stipendium für Belgrad

Die Kulturstiftung des Kantons Thurgau vergibt zum zweiten Mal ein Atelier-Stipendium in der serbischen Hauptstadt Belgrad. Dieses umfasst eine Wohnung in Belgrad (Mitte Februar bis Mitte August 2018), einen zusätzlichen Arbeitsraum (bei Bedarf) sowie einen pauschalen Beitrag an die Lebenshaltungskosten in der Höhe von monatlich CHF 3500. Bewerbungen können bis zum 31. Mai 2017 eingereicht werden. Weiterlesen…

Ab Februar 2018 bietet die Kulturstiftung des Kantons Thurgau einer professionellen Künstlerin/einem professionellen Künstler oder einer professionellen Vermittlerin/einem professionellen Vermittler aus der Sparte Bildende Kunst, Fotografie, Video, Film, Literatur, Architektur, Musik, Tanz, Theater oder Performance die Möglichkeit, sechs Monate in Belgrad zu leben und zu arbeiten.

Belgrad

Das Atelierstipendium in Belgrad soll zur Entwicklung und Realisierung eines eigenständigen künstlerischen/ kuratorischen Vorhabens genutzt werden oder den Freiraum schaffen, die künstlerischen/ kuratorischen Interessen und Kompetenzen gezielt zu vertiefen und zu erweitern. Das Atelierstipendium umfasst eine Wohnung in Belgrad, einen zusätzlichen Arbeitsraum (bei Bedarf) sowie einen pauschalen Beitrag an die Lebenshaltungskosten in der Höhe von monatlich CHF 3500. Es wird an Künstlerinnen und Künstler/an Vermittlerinnen und Vermittler vergeben, die durch ihren professionellen Leistungsausweis und durch ihr Potenzial überzeugen.

Anforderung an die Bewerberin/den Bewerber

  • übt ihre/seine künstlerische oder kuratorisch-vermittlende Tätigkeit als Hauptaktivität aus
  • kann einen künstlerischen oder kuratorisch-vermittlende Leistungsausweis vorweisen
  • befindet sich nicht in einer Ausbildung
  • hat ihren/seinen Hauptwohnsitz seit mindestens drei Jahren im Kanton Thurgau, hat prägende Lebensabschnitte im Thurgau verbracht oder ist durch Tätigkeit und Präsenz mit dem Kanton eng verbunden.

Die Bewerbungen sind bis zum 31. Mai 2017 elektronisch (ein PDF-Dokument, max. 10 MB) und postalisch bei der Kulturstiftung einzureichen. An: Kulturstiftung des Kantons Thurgau,  Gioia Dal Molin,  „Atelier Belgrad 2018“, Lindenstrasse 12,  8500 Frauenfeld

Mail: gioia.dalmolin@kulturstiftung.ch

Folgende Unterlagen sind einzugeben

  • aktueller Lebenslauf
  • eine Beschreibung der mit dem Atelieraufenthalt verbundenen Zielsetzungen und Motivationen
  • eine Dokumentation/ein Portfolio von Arbeiten/Projekten der vergangenen drei Jahre Die Auswahl des/der Begünstigten erfolgt durch eine Fachjury.

Die BewerberInnen werden vom Entscheid bis Ende Juni 2017 schriftlich in Kenntnis gesetzt. Weiterführende Informationen zum Atelierstipendium finden sich auf: www.kulturstiftung.ch. Bei Fragen steht die Beauftragte der Kulturstiftung, Gioia Dal Molin, gerne zur Verfügung.

VIEL GLÜCK!!!

ROTES VELO: Tanzen ist wie Fahrradfahren!

Die freie zeitgenössische Tanzszene fördern! Eigenwillige Ideen umsetzen! Mit solchen und anderen Gedanken im Kopf gründeten Hella Immler und Exequiel Barreras im Jahr 2011 ihr „Rotes Velo“. Sie setzten damit eine der ersten freischaffenden Tanzkompanien in St.Gallen in die Welt. Mit der Produktion „Alles Gueti“ feiern sie Ende Januar in der St.Galler Grabenhalle nun ihr fünfjähriges Bestehen. Bei Tee und Karottensaft  haben sie verraten, was Tanzen mit Velo-Fahren zu tun hat und wohin die Reise noch gehen soll…

Als erstes bin ich natürlich neugierig wegen des Namens: „Rotes Velo“. Was – bitteschön – hat Tanzen mit Velo-Fahren zu tun?

Exequiel Barreras: Wir wollten bei der Namenswahl für unsere neue Company keine Verbindung zum menschlichen Körper. Nichts mit „Body“, „Dance“ und so weiter. Aber wir wollten etwas, das Bewegung signalisiert. Da passte „Velo“ sehr gut. Ich selbst komme ursprünglich aus Argentinien, wo Radfahren eher unüblich ist. Das „Velo“ habe ich erst in Europa für mich entdeckt – und es schnell lieben gelernt, weil man sich so frei damit bewegen und so schnell vorankommen kann.

Hella Immler: Ausserdem hat uns ein Zitat von Albert Einstein gut gefallen: „Das Leben ist wie Fahrrad fahren. Um die Balance zu halten, musst du in Bewegung bleiben“. Das ist für uns ein wichtiger Gedanke bei dem, wie wir arbeiten.

Gemeinsam mit einem Dritten im Bunde, Emilio Díaz Abregú, leitet ihr eure Company. Wir verteilt ihr die Aufgaben? Habt ihr eine Stammbesetzung?

Hella Immler: Unser „Rotes Velo“ wird von vielen gefahren. Bislang haben im Wechsel 50 verschiedene Künstler aus 14 unterschiedlichen Ländern mitgewirkt. Daneben haben wir eine grosse Zahl privater Helfer, ohne die es nicht ginge. Und was die Leitung des „Velos“ durch uns drei angeht: Da ist es so, dass mal der eine lenkt, der andere tritt und der dritte sitzt hinten drauf. Und dann wird getauscht und der Lenker übernimmt zum Beispiel das Treten. Wir haben eine abwechslungsreiche Dynamik in unserem Tun.

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Impression I zu „Alles Gueti“

Exequiel Barreras: Tatsächlich ist es sogar so, dass wir eigentlich ein „Dach“ anbieten, das  dann verschiedenen Künstlern Raum gibt, Sachen auszuprobieren. Da muss nicht mal zwangsläufig jemand von uns die Leitung haben.

Heisst das, ihr seid mit freiem inhaltlichem Konzept unterwegs? Oder gibt es sowas wie einen roten Faden, der euch begeistert und von euch verfolgt wird?

Exequiel Barreras: Seit rund zwei  Jahren wird immer wichtiger, uns Richtung Mensch zu öffnen. Es gilt nicht länger: Hier die Company, da das Publikum – hier der junge Tänzer, da der alte Zuschauer. Wir fragen immer öfter: Was bedeutet Show, was ist Bühne!?

Hella Immler: Das führt dazu, dass wir nicht mehr nur mit Profis arbeiten, sondern auch Amateure einbinden. Für „Alles Gueti“ haben wir Laien dazu geholt. Und noch mehr: Wir haben auch vier Generationen auf der Bühne. Unser jüngster Mitwirkender ist 4, der älteste 80.

Oh, das klingt nach einem Wagnis!

Exequiel Barreras: Das ist es auch. Aber wir wollen es so. Wir trauen uns, das was auch mal nicht perfekt rauskommt. Warum muss auf der Bühne denn immer nur Perfektion stattfinden?! Wir lernen doch vor allem von Personen, die sich noch in einem Prozess befinden. Und das bedeutet dann eben auch, dass darin noch „Fehler“ vorkommen. Wir finden das spannend. Und wir können uns das auch erlauben. Sowas geht natürlich bei einer Produktion in einem Stadttheater nicht.

Wie habt ihr denn den Inhalt zur  „Alles Gueti“ entwickelt? Und worum geht‘s?

Hella Immler: Am Anfang der Produktion haben wir allen, die mitmachen, einen Fragebogen zum Thema Geburtstag gegeben. Aus den Inhalten daraus haben wir dann „Geschichtensplitter“ kreiert. Es geht um Geburtstage, Jahre, Wünsche, Geburt… Die Bühne symbolisiert den „Geburtstagstisch“, wo gefeiert wird. Und das Publikum ist eingeladen, mitzufeiern.

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Impression II zu „Alles Gueti“

Fünf Jahre „Rotes Velo“: Welchen persönlichen Geburtstagswunsch habt ihr für euer „Baby“?

Hella Immler: Für den Moment hat unser „Velo“ gut an Fahrt gewonnen und es wird weiter seinen Weg nehmen. Wohin, das weiss man nicht genau. Ich würde mir wünschen, dass es nicht regional bleibt, sondern auch weiter überregional geht.  Ich freue mich bereits auf neue Begegnungen, andere Produktionen und darauf, auch mit anderen Companies Kooperationen anzustossen.

Exequiel Barreras: Ich bin superglücklich, wo wir im Moment angekommen sind. Mein Traum wäre, dass ich irgendwann mein gesamtes Engagement ins „Rote Velo“ stecken kann. Ich habe immer weniger Ambitionen in Richtung Kunst-Business. Dafür interessiert mich zunehmend die soziale Komponente der Kunst: Ich möchte was für Menschen machen und nah an ihnen dran sein.

DANKE euch, für das tolle Gespräch!

 

Mehr Infos über „Rotes Velo“ finden sich unter www.rotesvelo.ch und in diesem Überblick

(Bilder: (c) „Rotes Velo“, 2017)

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Freie zeitgenössische Tanzszene: 2011 haben Hella Immler und Exequiel Barreras  die ROTES VELO Tanzkompanie gegründet. Für ihre 4-Generationen-Produktion „Alles Gueti“ bekamen sie den Werkbeitrag der Stadt St. Gallen. Und mit eben dieser feierten sie nun am 29. und 31. Januar 2017 das mittlerweile fünfjährige Bestehen ihrer Kompanie. Am ersten Abend war ich dabei. Ein Kommentar…

Gelächter, laute Musik, wirbelnde, hüpfende, tanzende Körper… Es ist ein fulminantes Fest, das da auf der Bühne der Grabenhalle stattfindet, während die Besucher den Saal betreten und auf den Beginn der Schau warten. Irgendwann hat auch der letzte Gast Platz genommen. Es geht los.

Es ist schwer, in Wort zu fassen, was nun in den nächsten ein, zwei Stunden passiert. Denn Exequiel Barreras, der künstlerische Leiter von ROTES VELO, serviert den Zuschauern in dieser Tanz-Theater-Performance ein Mosaik an Eindrücken oder besser: Geschichten-Splittern. Die kommen ganz unterschiedlich daher. In Bewegungen, Mimik, Sprache, Musik. Mal ganz schrill, mal ganz still.

Nehmen wir nur ein Beispiel: Die Geschichte des Mannes, der nicht mehr jung ist. Er tänzelt auf die Bühne und berichtet von Verlusten, die das Leben ihm beschert hat: Haare hat er eingebüsst, auch fast alle Libido. Dafür hat er Lachen hinzugewonnen. Als Zuschauer schmunzelt man und findet das alles recht lustig. Bis dieser letzte Satz kommt, fast nebenbei: „Und die Stimme meines Vaters, wie war die nochmal?“ Da schnürt es einem die Kehle zu. Denn solch Verlust, der wiegt doch anders. Eine Stimme, die vielleicht zeitlebens nur tadelte – oder immer Trost und Rat spendete, wird nicht mehr erinnert. Ist unwiederbringlich verloren. Was geschieht da mit mir?

Viele solcher Geschichten werden in „Alles Gueti“ erzählt. Einige werden getanzt, andere gesungen. Mal bordet die Bühne fast über vor Leibern. Dann wieder ist sie fast menschenleer. Es gibt Geschichten, die den grossen Fragen zu Liebe, Nähe, Hoffnung oder Einsamkeit nachspüren. Und es gibt Geschichten, die von kostbaren kleinen Momenten berichten und dazu anhalten, diese einzufangen. Einige Geschichten erschliessen sich dem Zuschauer leicht. Andere bleiben eher ein Rätsel und fordern den Zuschauer heraus, mehr als zahlender Konsument einer Bühnen-Show zu sein. Verstehen-Wollen, Hintersinnen ist gefragt. Doch selbst dann entschlüsselt sich vielleicht nicht jede Sequenz, bleiben Dinge unklar. Das darf auch so sein. Denn bei „Alles Gueti“ geht es stark darum, Gefühle auszulösen und die eigenen Empfindungen gelten zu lassen. Diese Rechnung geht auf.

Das liegt gewiss daran, dass man sich der Laien-Mitwirkenden bewusst ist, hier und da deren Unsicherheiten spürt. Aber gerade das macht die einzelnen Sequenzen so authentisch und berührend. Denn immer wieder fragt man sich: Ist diese Geschichte echt – oder doch nur reinste Fiktion?

Unterm Strich hat Barreras mit seinem Ensemble aus insgesamt 18 Profis und Laien „Alles Gueti“ für die Zuschauer zu etwas wie einer Geburtstagstorte gemacht: Eine wunderbare Gabe, die in unterschiedlichen künstlerischen Ausdrucksformen den wirklich grossen Themen des menschlichen Zusammenlebens nachforscht. Und die sich in viele Einzelstücke teilen lässt, mit dem Angebot an jeden Zuschauer, das besondere Stückchen auszuwählen, das ihm persönlich am meisten zusagt.

Performance: Ein Plädoyer für das Jetzt

SCHON und NOCH scheinen auf den ersten Blick zwei harmlose Wörtchen zu sein. Das ändert sich allerdings, wenn man sie durch die Augen der Tänzerin und Choreografin Nelly Bütikofer betrachtet. Sie hat die beiden Zeitbegriffe nämlich unter deren diskriminierenden und beschränkenden Aspekten unter die Lupe genommen: „Das kannst du SCHON“? „Das tust du NOCH!“ und daraus ein überraschendes Performance-Projekt geformt. Es heisst „Ein Plädoyer für das Jetzt – Live is what happens to you while you are making other plans“ und ist zu sehen in Rappi und St.Gallen. Hier geht’s zu den Details.

Nelly Bütikofer ist in klassischem Tanz ausgebildet. Sie arbeitet seit vielen Jahren als freischaffende Choreografin und Regisseurin. Dabei bewegt sie sich im Spannungsfeld von Tanz, Theater und Performance. Seit etlichen Jahren leitet sie überdies das Fasson Theater. Und vergangenes Jahr erhielt sie einen Werkbeitrag des Kanton St.Gallen. Im Anschluss daran hat sie sich ans Werk gemacht Gedanken, Fragen und persönlichen Erfahrungen zum NOCH und  SCHON nachzuspüren.

Entstanden ist daraus die Performance Ein Plädoyer für das Jetzt. Darin berichten Menschen verschiedener Generationen in Video-Interviews über etwas sehr Besonderes: Nämlich über ihre Erfahrungen mit dem Wörtchen NOCH. Diesem stellen sie ihr eigenes körperliches Empfinden den Reaktionen von Aussenstehenden entgegen. Kontrastierend dazu zeigen Kinder, ebenfalls auf Video, was sie SCHON alles können.

Transformierendes Spiel

Bütikofer erläutert das Projekt weiter: „Auf der Bühne reagieren Tänzerinnen, Schauspieler und Musiker auf diese Statements. Sie setzen sie in ihr Medium um, spinnen den Faden weiter. Sie transformieren durch ihr Spiel das in Bild und Ton Festgehaltene ins JETZT. So machen sie es zu einem unmittelbar sinnlichen Erleben. Das Biografische, Dokumentarische verschmilzt mit ihren Interaktionen und bildet die Folie, auf der das Geschehen im JETZT stattfindet.“

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Weitere Informationen zu Terminen, den mitwirkenden Künstlern und Inhalten liefert der Veranstaltungs-Flyer

Daten und Orte

Aufführungen in Rapperswil

PREMIERE: 26. November  2016, Alte Fabrik Rapperswil , 20 h

  1. Vorstellung: 27. November 2016, 15.30 h

Eine Zusammenarbeit mit der Alten Fabrik, Klaus-Gebert-Strasse 5, und dem Kunst(zeug)haus Rapperswil im Rahmen der Eröffnungsfeierlichkeiten für die Ausstellung „Grosse Regionale“.

Aufführungen in St.Gallen

Am 1., 2., 3. und 4.Dezember 2016, jeweils 20 Uhr
im NEXTEX
, Blumenbergplatz 3, 9000 St. Gallen

Reservationen: fassontheater@bluemail.ch oder 076 382 64 62 (SMS!)

 

Bild: Mit freundlicher Genehmigung von Nelly Bütikofer – (c) Christian Glaus

Wo Trolle lustvoll grummeln

Tanzstück „Peer Gynt“ feiert Premiere in St.Gallen

Mit spielfreudiger Kompanie und als gewitzt-kunstvolle Inszenierung: So erlebte Gastautor Frank Schroeder das Tanzstück  „Peer Gynt“ an dessen Premiere am 20. Februar. Beate Vollack hat das bekannte dramatische Gedicht, welches 1867 von Henrik Ibsen erschaffen wurde, in eine neue Form gegossen. Diese kommt nun noch bis zum 17. Mai insgesamt neun Mal im Stadttheater St.Gallen zur Aufführung. Eine Chance, die man sich nicht entgehenlassen sollte, findet Schroeder. Und warum er das meint, beschreibt er hier…

„Orientierte man sich als Zuschauer beim Ballettbesuch in St. Gallen in den letzten Spielzeiten oft an jenen raren Szenen, die hinreichend Anzeichen gaben, nicht improvisiert zu sein, liefert die jetzige Leiterin der Kompanie mit ihrem Tanzstück erneut den Beweis, dass Totgesagte länger leben: Beate Vollacks „Peer Gynt“ feierte am 20. Februar Premiere und öffnet gleich eine ganze Galerie von Türen.

Peer Gynt

Exequiel Barreras (Peer Gynt) und Tanzkompanie | Foto: Mario Perricone

Das nahezu verrückte Leben des Brautentführers und nordischen Phantasten glaubhaft zu erzählen, beabsichtigt nicht einmal Ibsens Originaldichtung. Schon Griegs Vertonung konzentriert sich auf die Headlines – das allerdings mit Wucht: einige Stücke stehen ganz oben auf der ewigen Bestenliste weltweiter Klassik-Downloads, und so gibt auch diese Inszenierung eine anspruchsvolle Revue der schillerndsten Lebensszenen, bleibt seriös, gewitzt, kunstvoll.

„Sternstunde des Monats“

Die Spielfreude der Kompanie beschert Lacher, wenn Trolle lustvoll grummeln oder die Schiffsbühne mit bedrohlicher Schlagseite zu sinken droht. Ist sie auch unwirklich, diese Odyssee, nehmen wir gern daran teil, wie sie das Leben auskostet in Freud, Wunsch und Leid, weit weg von der verzweifelten Mutter, deren Ende als bildhauerisches Fanal das Haus die atemlose Bildsprache des Todes lehrt.

Peer Gynt

Tanzkompanie | Foto: Mario Perricone

In Sachen Musik wurde alles auf eine Karte gesetzt. Riskanter geht nicht. „Wir brauchen was, zu dem wir uns bewegen können, schau’n wir doch mal ins CD-Regal!“ – jenen totgerittenen Gaul zu meiden, kann für das Haus fatal sein; Kosten, leere Sitzreihen. Hier aber gibt es neben dem Nachweis von Gravitationswellen die zweite Sternstunde des Monats. Wer bis dato das Akkordeon schmäht, wird aus dem Dunkel ans Licht treten. Mit Lyrik und sonorem Strom beseitigt Goran Kovačević mittels dreier Manuale den Orchestergraben und gießt Betrachter und Akteure in einer Intimität zusammen, die sonst nur in Manegen erlebbar ist. Meine Meinung: Ansehen!“

© Frank Schroeder, www.balzun.de

 

„Peer Gynt“ ist noch zu sehen an folgenden Tage und Zeiten

Lust, in die berühmten Peer-Gynt-Suiten von Edvard Grieg hinein zu hören? Oder auf der Suche nach einem Kurzüberblick zu „Peer Gynt“? Bitteschön!

Kein Leben „von der Stange“

Es war im Palace in St. Gallen, letzten November, als ich Claudia Roemmel kennenlernte. Sie war dort zu einer Preisverleihung. Genauer gesagt, um den Förderungspreis 2015 der Stadt für ihr tänzerisches und choreografisches Schaffen entgegen zu nehmen. Wir kamen ins Gespräch und ich merkte schnell, dass ich diese spannende Frau, eine wahres Kultur-Chamäleon, gerne mal interviewen würde. Claudia willigte ein. Leider erkannte ich beim nachfolgenden Treffen aber auch sehr schnell, dass ein „klassisches Interview“ mit diesem Energiebündel zum Scheitern verurteilt wäre: weil Claudia einfach viel zu viel Lesenswertes zu erzählen hat. Am Schluss haben wir aber doch noch ein Interview hingekriegt. Eines der etwas anderen Art. Zu lesen bekommt ihr es hier.

Ein Geständnis vorweg: Es warf mich schier um, als Claudia Roemmel mir beim Treffen schilderte, was sie in ihrem Leben als Kunstschaffende schon so alles auf die Beine gestellt hat. Und da dachte ich, dass es weder ihrer Persönlichkeit noch ihren Aktivitäten gerecht wird, nur schön sortiert ihre kreativen „Stationen“ aufzulisten. Vielmehr schien die Idee passend, ein „Interview“ zu führen, in dem Claudia beschreibt, was gewisse Begriffe für sie, ihre Kunst und ihr Leben bedeuten. Und nach diesen Begriffen habe ich sie gefragt:

„Flugbegleiterin“

In meinem „letzten“ Leben hab ich tatsächlich ein paar Jahre lang sporadisch über den Wolken gearbeitet. Heute begleite ich mich selbst und andere auf Gedankenflüge. Das bedeutet, das Abheben zu wagen und in die Landung zu vertrauen. Während dem Flug geht es darum, eine angemessene Geschwindigkeit beizubehalten, Fluss und Momentum zuzulassen, die Aussicht zu geniessen, den Überblick zu nutzen, Grenzen und Regeln anzuerkennen – und (wichtig!) Freiheiten zu geniessen. Wenn ich den Lead bei einem Projekt habe, weiss ich wohin ich will, lass mich aber auch von aufkommenden Winden tragen, lenken und inspirieren.

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„Flugbegleiterin“

„Ex-Clown“

Mit 25 wollte ich Clown werden und bin – wie die Jungfrau zur Kinderkrippe – an die Dimitrischule gelangt. Von dort habe ich über die Pantomime zum Tanz gefunden. Vom Tanz zum Theater. Vom Theater zum Text. Dann plötzlich Video. Webdesignerin. Körpertherapeutin. Wenn mich heute jemand fragt, was ich arbeite, komme ich ins Stottern. Irgendwie alles – da wo ich gefragt bin, bin ich. Denn da wo ich gefragt bin, scheine ich irgendeine Art von Talent zu haben. Und da wo ich herausgefordert werde, komme ich in meine Kraft.

„Klassisches Ballett“

Mein Tanz kommt nicht von der Stange. Ich habe Neuen Tanz studiert – d.h. ich beschäftige mich mit Improvisation. Wie gestalte ich den Augenblick? Wie verbinden sich Innenimpulse mit Aussenimpulsen? Das Spiel mit Raum und Zeit interessiert mich seit vielen Jahren – ich habe es bereits vor 20 Jahren Performance genannt und auf Bühnen und Strassen erprobt. Heute gibt es einen regelrechten Performance-Hype, der von der bildenden Kunst herkommt. Ich bewege mich wohl irgendwo in der Mitte zwischen den herkömmlich Klassischen und den neuzeitlich Performenden. Das gibt mir eine wunderbare Freiheit.

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„Ballett“

„Sparten-Grenzen“

Ich liebe Ordnung – und schmeisse mich immer wieder ins Chaos. Am liebsten hätte ich alles ganz schön in Kästchen und Schubladen verpackt und sortiert. Stattdessen kugelt bei mir im offenen Feld das eine nach da, das andere nach dort. Ich geniesse alles puristische – und gleichzeitig verbindet sich dieses mit jenem und jenes will vom wieder anderen ergänzt werden. Tanz – Bild – Raum – Begegnung – Sprache – Spiel – alles Inspiration, alles zusammengehörend. Und das mit der Ordnung kann warten….

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„Sparten-Grenzen“

„2016“

Bei meinem ersten Kitesurfversuch hab ich vor kurzem einen wichtigen Begriff gelernt: De-Power. Den Drachen bringt man unter Kontrolle, indem man ihm „mehr Leine lässt“. Dann stabilisiert er sich selbst im Wind, ohne dass man sich allzu sehr anstrengen muss. So darf mein 2016 werden. Ein bisschen loslassen, Power rausnehmen und schauen, was von selbst hält und fliegt. Ein Buchprojekt ist bereits im Steigflug, Unterrichtsprojekte auf der Startpiste – und heimlich noch im Hangar verborgen, warten neue Flugobjekte, von denen ich noch nicht genau weiss, welche dann tatsächlich flugtauglich sind.

(Bilder: Claudia Roemmel)

Claudia, besten Dank für deine Antworten.

Wer mehr erfahren will, findet übrigens hier weiteres „Futter“ zu Claudia