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das „hier“ und „jetzt“ ist viel zu interessant.

Gabriela Falkner ist in Bewegung. Davon zeugen nicht nur ihre diversen Lebensstationen von Lausanne über New York bis nach Zürich und Herisau. Auch im Berufsleben lässt sie keine Monotonie aufkommen. Früher beispielsweise war sie in ausbildender, beratender und projektleitender Tätigkeit unterwegs. Heute ist sie Fotografin, Installationskünstlerin und Kulturmanagerin im St.Galler Kulturbüro (KuBü). Im Gespräch erzählt sie von ihrem facettenreichen Schaffen und davon, wie es gelingt, sich auf dem weiten Feld des Kunst- und Kulturschaffens zu bewegen, ohne die Orientierung zu verlieren.

Gabriela, du mischst selber aktiv in der Ostschweizer Kunstszene mit und bist hier keine Unbekannte. Daneben berätst du Kunstschaffende aller Sparten, wenn es um Organisatorisches und Administratives geht. Wie erlebst du es, quasi zur selben Zeit auf beiden Seiten des Mäuerchens zu stehen?

Eigentlich ist es ja gar kein Mäuerchen, bei dem ich auf zwei Seiten stehe. Ich sehe mich da eher als Allrounderin auf einem grossen Feld. Oder auf einem weiten Kultur-Platz. Denn ich kuratiere auch noch – neben dem „selber machen“ und „beraten“.
Vom Erleben her ist das für mich eine extreme Bereicherung. Weil mir die Anliegen der einzelnen Bereiche vertraut sind, kann ich mich den verschiedenen Herausforderungen stellen. Zugleich fühle ich mich in den unterschiedlichen Rollen auch wohl.

 

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Wieviel von diesem, nennen wir es mal: „Allrounderwissen“ kannst du in deinem Job im Kulturbüro einbringen?

Die meisten, die ins KuBü kommen wissen nichts über meinen Hintergrund. Sie suchen Unterstützung und wenn ich die, aus welchem Bereich auch immer, anbieten kann, dann passt das bestens.

Was reizt dich, was nervt dich an deinen verschiedenen Rollen?

Was mich reizt? Dass ich ein sehr abwechslungsreiches Leben habe. Mir gefällt dieses ganzheitliche Denken und Vernetzen und das Herstellen von Bezügen unter den einzelnen Bereichen. Dabei kann ich meine unterschiedlichsten Fähigkeiten einbringen und lerne zudem viele neue Kulturschaffende kennen. Und als Künstlerin lerne ich viel für meine persönliche Entwicklung, das ist wichtig für mich.

Und was mich stört?

Das sind eigentlich drei Dinge. Zum einen braucht es viel Energie, in allen Bereichen strukturiert zu arbeiten. Ich kann daher gar nicht alles machen, was ich gerne umsetzen würde. Zum zweiten ist mein Profil wohl nicht immer ganz fassbar. Die Leute können mich dann nur schwer irgendwo einordnen. Und zum dritten braucht es viel Arbeit, künstlerisch ernst genommen zu werden. Da würde ich gerne schneller vorankommen.

Grenzen zu erproben, neue Wege zu gehen und dabei auch das Risiko zu wagen, in Sackgassen zu landen, gehört einfach zu der Biografie kunstschaffender Menschen. Wie geht man am besten damit um? Oder besser gefragt: Wie gehst du persönlich damit um? Sowohl als Künstlerin wie auch als Beraterin von Künstlern?

In Sackgassen zu stehen, zu scheitern, das tut im Moment extrem weh und stresst. Aber das ist ja nicht nur im künstlerischen Handeln so… das kennt ja jeder wohl selbst aus seinem Alltag. Ich weiss mittlerweile, dass diese Situationen immer wieder kommen. Dann nicht aufzugeben und sich zurückzuziehen, ist schwierig, aber meines Erachtens entscheidend. Ein paar Leute im Leben zu haben, die man anrufen kann, wenn man an so einem Punkt ist, finde ich wichtig. Zudem habe ich ein persönliches Ritual. Ich personifiziere dieses Sackgassen-Gefühl: Der „Störfaktor“ sitzt auf meiner Schulter und nervt. Ich spreche mit ihm und gebe ihm zu verstehen, dass er ruhig wieder verschwinden kann.

Stichwort „Ziele“: Welche möchtest du noch erreichen? Hast du eine feste „Reiseroute“ oder ist es eher ein Sich-treiben-und-überraschen-lassen?

Mein Ziel war es lange, zu 100 Prozent im Kulturbereich aktiv zu sein. Das habe ich erreicht. Im Moment möchte ich meine künstlerische Seite mehr ausleben und zusätzliche Zeit dafür investieren. Ich bin ja Autodidaktin und habe mir in einem langen Prozess alles selber erarbeitet. Nun bin ich gespannt, wie es sich entwickelt, auch mit meiner intuitiv angelegten Vorgehensweise. Planen, wohin es noch gehen soll, will ich persönlich aktuell aber nicht. Das „Ist“ und „Jetzt“ ist dafür viel zu interessant.

Vielen Dank für das Gespräch!

 

Und wer mehr über Gabriela Falkner wissen will, kann sich hier schlau machen. Im Künstlerarchiv.

Oder hier: Gabriela Falkner bei Gruppenausstellung und als One-Woman-Show

„unbekannte werke“ – harlis schweizer (sg)

„Unbekannte Werke“, so nennt Harlis Schweizer die Arbeiten, die sie seit dem Wochenende in der Galerie vor der Klostermauer in St. Gallen präsentiert. Unbekannt sind die Arbeiten nicht unbedingt alle. Das ein oder andere scheint vertraut. Dafür stellen sie einen wunderbaren Querschnitt dessen dar, was Harlis Schweizer in den letzten Jahren erschaffen hat. Und sie geben Einblick in verschiedene Entwicklungs- oder vielmehr Ausdrucksstufen der Künstlerin. Es macht Spass, sich die bunten Werke in St. Gallens kleinster und schnuckeligster Galerie anzuschauen – bis 4. Oktober besteht die Chance dazu. 

Wenn ich an Arbeiten von Harlis Schweizer denke, und überlege, an welche bekannten Künstler mich ihre Formsprache am meisten erinnert, dann kommen mir zunächst Matisse und dessen Fauvismus sowie David Hockney mit seinem Fotorealismus in den Kopf.

Foto 3Fauvismus – Pop Art -Fotorealismus

Beide Künstler gefallen mir, obwohl der eine so schwungvoll den Pinsel jagt und der andere so fotorealistisch akribisch vorgeht – gerade in den bekannteren Arbeiten. Und ich mag auch die Farben, zu denen die zwei greifen. Und gerade das ist es, was mich auch an Harlis Schweizer so fesselt: Mal „wild und ungenau“, mal mit scharfen Umrisslienien sind ihre Motive präsentiert. Und bei ihrer Farbwahl bringt sie mal nur zwei Farben zusammen, dann wieder packt sie eine riesige Palette aus und traut sich auch ganz unerwartete Farben-„Partner“ auf den Bildträger zu setzen.

 

Zum Beispiel bei diesem Bild: Foto 1Da dominiert unbuntes Grau fast die gesamte Fläche. Nur der Einblick in den Innenraum, der mit der am Fenster stehenden Frau fast an niederländische Interieur-Bilder der Barockzeit anmutet, liefert Farben. Aber auch die sind eben dezent, zurückgenommen und – zumindest für mich auf den ersten Blick – nicht richtig sexy.

Hellgelb, rosa/abricot, mintgrün. Was toll ist: Beim längeren Hinschauen wird jede Farbe für sich ganz klar und stark, drängt das Grau zurück und vermittelt so vollkommen den Eindruck, in ein hell beleuchtetes Zimmer zu blicken. Dabei tun die unscharfen Umrisslinien ein Übrigens, um das Gefühl von Licht zu verstärken.

Es gibt natürlich noch VIEL mehr zu beschreiben – aber: selber entdecken – selber anschauen!

Hier Ort und Öffnungszeiten: Galerie vor der Klostermauer. Und hier die Website der Künstlerin: Harlis Schweizer

„looking at art“- Larry Peters in romanshorn (tg)

Larry Peters macht in seiner Ausstellung „looking at art“ Lust auf die Auseinandersetzung mit alten Meistern. Ins Zentrum seiner neueren Arbeiten stellt er den Maler Jan Vermeer. Zu sehen ist das Ganze bis 4. Oktober in der Galerie Mayer’s Altes Hallenbad in Romanshorn.

Okay, ich gestehe: Wann immer ich in eine Ausstellung komme und dort in den gezeigten Werken „Alte Meister 2.0“ entdecke – damit meine ich jetzt das Aufgreifen und Weiterverarbeiten bekannter kunsthistorischer Vorläufer – dann bin ich erst mal sehr skeptisch. Ich frage mich dann nämlich immer erst einmal: Ist hier wieder wer am Werkeln, dem einfach nichts Neues mehr eingefallen ist???

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Ganz klar: Bei Larry Peters ist das nicht so. Vielleicht liegt das ja daran, dass er einst am Royal College of Art in London studiert hat. Oder, dass er Jahre lang angehende Künstler unterrichtet hat. Oder, weil er es einfach KANN. Jedenfalls greift er zwar Arbeiten von Jan Vermeer (genauer: Jan Vermeer van Delft, 1632 – 1675) auf. Aber er entwickelt das Vorgegebene gekonnt weiter. Er verwandelt es und bringt seine eigene Sprache gelungen mit ein. Mark Staff Brandl, der die Laudatio gehalten hat, weist etwa auf Larry Peters allgegenwärtiges Befassen mit dem „Malerischen“ hin.

Gemeint ist damit: Die Sichtbarmachung des Pinselstriches. Selbst in dem Moment, in dem Peters den Pinsel beiseite legt und zu anderen Techniken greift wie zum Beispiel der Collage. Denn der Künstler kommt selbst dann malerisch rüber, wenn er mit geklebten Papierstücken die Bewegung und das Tempo des Pinselstrichs nachformuliert.

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Was mich besonders angesprochen hat: Das Repetieren der immer gleichen Motive. Für mich ist es Larry Peters‘ ironische Antwort auf all die Spekulationen, die sich in der Vermeer-Forschung damit befassen, wer wohl die Menschen sind, die Vermeer auf seinen Gemälden zeigt. Da gibt es so viele verschiedene Mutmassungen (und ich weiss wirklich auch nicht, was der aktuelle Forschungsstand ist – geb’s ja zu). Genau wie all die Mutmassungen greift nun auch Peters in Variationen immer wieder das „Mädchen mit dem Perlenohrgehänge“ oder die „Dienstmagd mit Milchkrug“ auf. Zoomt sie mal nah heran, steckt sie mal in eckige Rahmen, mal in einen Tondo… Ich verstehe dieses Arbeiten einerseits als nett gemeintes „Sich-Lustig-Machen“ über die Forscher und ihre Unwissenheit. Und andererseits auch als Ermunterung, selbst als Betrachter wild herum zu phantasieren (war da nun wirklich die Tochter, Geliebte oder Ehefrau das Modell?) — ungeachtet aller kunsthistorischen Forschungserkenntnisse.

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Ach ja: Zwar bestreiten Peters`Vermeer-Interpretationen den Grossteil der Ausstellung. Dennoch gibt’s auch eine Reihe früherer Arbeiten zu sehen. Auch für sie lohnt sich der Weg nach Romanshorn.

Noch als Tipp: Man sollte mit dem Auto anreisen und sich vorher gut die Anfahrtsbeschreibung anschauen. Denn die Galerie Mayers Altes Hallenbad, Kastaudenstrasse 11 in Romanshorn, liegt doch etwas versteckt in einem Wohngebiet.

Viel Spass beim Ausstellungsbesuch.

Larry Peters im Ostschweizer Künstlerarchiv

Ausstellungsdauer: 12. Sept. bis 4. Okt. 2015
(Am Sonntag, 27 Sept. bleibt die Ausstellung geschlossen.)

Öffnungszeiten:
Fr 18-21 Uhr, Sa 10-14 Uhr, So 14-18 Uhr (ausser 27.09)
oder nach Vereinbarung Tel. 079 445 34 11

Der Künstler ist an den Sonntagen anwesend.

pop-art vom bodensee in schwellbrunn (AR)

„Code 501565“- so lautet der Titel der Ausstellung, die momentan vom Goldacher Künstler Jonny Müller in Schwellbrunn gezeigt wird. Müller präsentiert dabei neue und bereits bekannte Arbeiten, die für mich sowas wie Pop-Art vom Bodensee sind. Und das in spezieller Location, nämlich dem KUK (Haus für Kultur). Hier kann man neben interessanten Künstlern auch feine Küche geniessen.

Bis 24. Oktober 2015 kann man die Arbeiten Müllers noch in Schwellbrunn bestaunen. Zum einen handelt es sich um grossformatige Malereien in knalligen Tönen.

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Daneben sind auch Skulpturen zu sehen.

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Mir persönlich gefallen die Malereien am meisten. Müller spielt, wie man es von ihm kennt, mit Alltagsmotiven. Hier eine monströse Walnuss. Da Frauengesichter, die in Umrissen von Schmeissfliegen stecken. Zunächst ist man als Betrachter etwas verduzt. Doch wenn man sich auf die Arbeiten einlässt, kann man – neben der ästhetischen Wirkung – auch noch ganz spannende inhaltliche Aspekte entdecken. Mir geht’s so zum Beispiel mit der erwähnten „Frauengesicht“-Fliege. Zunächst habe ich da nämlich nur ein Frauengesicht erkannt (Bin mir nicht sicher, aber ist das die junge Liz Taylor?— die hat ja auch Pop-Art-Meister Andy Warhol schon „verarbeitet“). Und erst beim längeren Hinschauen sah ich dann die grünen Fliegenbeinchen und habe begonnen mich an der grau-schwarzen Gesichtsfarbe der Dame zu stören.

Mir ging da durch den Kopf: Da ist eine Frau, schön, jung (falls Liz Taylor: auch noch unglaublich als Schönheitsikone gefeiert). Und nun ist sie schon längst Geschichte, die Schönheit passé und Fliegenfrass. Irgendwie ziemlich irritierend… und eigentlich ein Hinweis auf die menschliche Vergänglichkeit, ein Memento mori.

Na ja, wenn man sich dann genug Gedanken über die Bilder und Plastiken gemacht hat, hat man vielleicht Hunger. Und da kann ich nur als Tipp geben: Das KUK bietet sich an, um auch dem leiblichen Wohl zu frönen, und zwar im dazugehörenden Restaurant. Dieses ist absolut liebevoll eingerichtet, die Aussensitzplätze sind genial und die Menü-Karte verspricht eine Menge Leckeres.

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KUK – Haus für Kultur

Mein Eindruck: Die Kultur-Tour ins Appenzellerland eignet sich prima für einen Sonntagstripp plus Spaziergang und „Käffelen“. Zum Beispiel besonders, wenn man mit Kids unterwegs ist. Denn die Ausstellungen im KUK sind überschaubar, da sich alles auf wenige Haupträume begrenzt. Was mir auch gut gefällt: Neben der jeweils aktuellen Ausstellung hat man die Chance, Arbeiten anderer Künstler kennen zu lernen. Denn die Hausherrin des KUK, Elisabeth Beeli, zeigt überdies Werke von Künstlern, die bereits ausgestellt haben. Wer also wenig Lust verspürt stundenlang durch Museen zu wandeln, sondern einfach mal kurz einen Einblick in regionales Kunstschaffen erhaschen will, sollte das KUK nicht verpassen.