Jan-Piet Graf, St.Gallen (SG)

Wer Jan-Piet Vincent Graf ist: Geboren in St. Gallen am 22. Mai 1971 als Kind einer holländischen Mutter und eines Schweizers. Graf absolvierte den Vorkurs an der Kunstgewerbeschule in St.Gallen. Im Anschluss nahm er eine vierjährige Ausbildung an der Gerrit Rietveld Academie in Amsterdam (NL) in Angriff, wo er auch seinen Abschluss machte. Nach 10 Jahren in Holland, erfolgte schliesslich die Rückkehr in die Schweiz. Seit rund 15 Jahren lebt Jan-Piet Graf nunmehr in Gais und St.Gallen. Er blickt auf über 50 Ausstellungen in Holland und der Schweiz zurück .

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Schwarz-weiss Radierung, 24,7 x 20 cm. Div. Techniken: u.a. Kaltnadel & Vernis Mou.

 

Jan-Piet Graf über seine Arbeit:

„Identität, ein Fingerabdruck. Eine Linie, die ein Gesicht formt, ein feiner Kratzer. Spähne fliegen. Anmutendes Verharren. Der Geruch pechschwarzer, zäher Farbe. Rollen. Und mit tausenden Adressen wildfremder Leute sanft abschmirgeln.
Und ab zur Presse. Et voilà.“

Mehr Informationen zu Jan-Piet Graf liefert dieser Zeitungsartikel aus dem St.Galler Tagblatt.

„Kunst und Bau sind ein Traumpaar“

Regierungsrat Martin Klöti über „Kunst am Bau“.

Martin Klöti, Regierungsrat des Kantons St.Gallen und Vorsteher des Departements des Innern, ist der Mann in der ersten Reihe, wenn es um kulturelle Projekte und Finanzierungen dafür geht. Trotz des oft eisigen Gegenwinds, der ihm seitens mancher Politiker-Kollegen entgegen bläst, will er auch weiter für Kulturelles, wie etwa Kunst am Bau, kämpfen. Er findet nämlich, dass Kultur und Kunst die Lebensqualität steigern. Und er legt nach: Beides sei auch ein wichtiger „Trumpf im Standortwettbewerb“. Mehr erläutert der FDP-Mann hier. 

Herr Klöti, bei den Kunstschaffenden herrscht Aufruhr. Schuld ist die Tatsache, dass kürzlich zum dritten Mal an einem öffentlichen Bau keine Gelder für Kunst am Bau bewilligt wurden. Obgleich doch eigentlich gesetzlich verankert ist, dass 1% vom Gesamtbetrag dafür genutzt werden soll. Können Sie als zuständiger Kulturminister die Aufregung verstehen? Hier handelt es sich um ein Missverständnis der Medien (das nicht mehr aus deren Köpfen zu kriegen ist): Bisher haben wir bei allen kantonalen Bauvorhaben „Kunst am Bau“‘-Konzepte umgesetzt: Ausnahme wird nun einzig das Klanghaus werden. Die Medien führen jeweils als weitere Beispiele das Bundesverwaltungsgericht (BVG) und die FHS an. Beim BVG war der Bund für die Kunst zuständig und wollte die Ausstattung aus den eigenen Beständen vornehmen. Zur Erinnerung: das BVG wurde zwar durch den Kanton, aber für den Bund gebaut. Bei der FHS haben wir den Kredit für die fachgerechte Aufbewahrung des Erkervermächtnis, bzw. deren kontinuierlichen Ausstellung einsetzt.

Bei den Spitalbauten wird seit jeher auf Kunst am Bau verzichtet. Es ist jeweils ein Kredit in der Ausstattung vorgesehen für den aber nicht das kantonale Hochbauamt sondern der Spitalbetrieb zuständig ist.

Es gibt keine Kantonale Verordnung oder ein Gesetz, das ein Kulturprozent definiert. Die Regierung hat sich aber dazu geäussert und festgehalten, dass situativ “Kunst am Bau“ vorzusehen sei. Wobei der Betrag dem Gebäude angemessen sein soll. Und noch was am Rande: worauf würde sich denn dieses Kunstprozent beziehen? Auf die Anlagekosten oder auf die Baukosten oder ….

„Ich verstehe die Enttäuschung der Künstler“

Fazit: Es gibt keine gesetzlich verankerte Vorgabe, dass 1% des gesamten Bauvolumens für Kunst am Bau verwendet werden soll/muss. Bei der 1%-Klausel handelt es sich meines Wissens um eine Empfehlung der visarte. Die Empfehlung ist sinnvoll, soll aber Empfehlung bleiben. Und eine Erinnerung, die Kunst nicht zu vergessen. Gute Kunstwerke weisen ausserordentliche Eigenschaften als Katalysator, Verstärker, Echoraum und Seismograph zu Vorgefundenem, Verschwundenem, Kommenden auf. Da sind Kunst und Bau geradezu ein Traumpaar. Ich verstehe die Enttäuschung der Künstlerschaft auch insofern, als Kunst am Bau ein wichtiges Werkzeug der Förderung ist und zudem als komplexe Herausforderung auch eine sehr interessante Aufgabe.

Gerade der Kanton St. Gallen mit seiner Hauptstadt und deren berühmten Erkern sowie dem Stiftsbezirk ist stolz auf eine lange Tradition von „Kunst am Bau“. Geht’s mir dieser aus Ihrer Sicht wohl langfristig den Bach hinab? Die Tradition der Erker ist eine architektonische und in der Zeit verankerte Tradition. Sie sind zudem privaten Bauherrschaften zu verdanken, die sich ihre Verdienste über die Erker manifestieren. Oft sind es Textilkaufleute gewesen, die dieses „Fenster“ zur Repräsentation benutzt haben.

Regierungsrat Martin Klöti Aufnahme : Regina Kühne

Regierungsrat Martin Klöti vor einem Bild des Künstlers Simon Hauser (Foto: Regina Kühne)

Um eine Tradition weiterzuentwickeln, ist es sehr wichtig, Architekturbüros und Künstler/innen beizuziehen und auszuwählen, die den Aufgaben gewachsen sind, sei es durch langjährige Erfahrung und/oder innovativen Umgang mit den gegebenen Parametern – insbesondere bei grösseren Bauvorhaben. Mit dem Bundesverwaltungsgericht zum Beispiel, aber auch mit dem Verwaltungszentrum am Oberen Graben, einem Umbau einer historischen Bausubstanz, können wir gelungene Bauten in sensiblen Zonen vorzeigen.

Sparen muss ja heute jeder und überall. Warum aber wird etwa beim „Kunst am Bau“ immer wieder rigoros gestrichen? Man könnte doch sagen:  1 % können wir zwar nicht leisten. Aber 0,5% lägen noch drin. Das wird auch so gemacht. Jüngstes Beispiel im Kanton, das im April eingeweiht wird, ist das Forschungszentrum, ein Neubau innerhalb der Hochschule Rapperswil. Dort werden gerade „Kunst am Bau“-Arbeiten von Peter Kamm, Roman Signer und Loredana Sperini installiert bzw. im Frühling eingeweiht.

Die NZZ hat Sie 2015 als „bunteren Regierungsrat“ betitelt. Sie sind kein Mensch, der das Graue liebt. Befürchten Sie persönlich nicht eine zunehmenden „Tristesse“ des Stadt- und Landschaftsbildes, wenn „Kunst am Bau“ nicht mehr zum Zuge kommt? Und im schlimmsten Fall sogar eine Attraktivitätsminderung der gesamten Region? Ich setze mich dezidiert für Kunst und Bau sowie für Stadt- und Landschaftsplanung ein. Es geht um mehr als um Schmuck und Attraktivitätssteigerung. Es geht um Verantwortung gegenüber der Lebensqualität in unserem Alltag, um Identität, Stolz, Respekt gegenüber unserem Lebensraum. Kunst hilft, unsere Wahrnehmung zu schärfen, den Blick auf die Welt offen zu halten. Gerade bei öffentlichen Bauten und im öffentlichen Raum kann dies wunderbar selbstverständlich geleistet werden.

Sehr geehrter Herr Klöti, herzlichen Dank für dieses Interview!

 

Wissenswertes zu Martin Klöti entdeckt man auch an diesen Stellen im Netz:

WebsiteSRF-Beitrag, NZZ-Artikel oder in der Thurgauer Zeitung

Wo Trolle lustvoll grummeln

Tanzstück „Peer Gynt“ feiert Premiere in St.Gallen

Mit spielfreudiger Kompanie und als gewitzt-kunstvolle Inszenierung: So erlebte Gastautor Frank Schroeder das Tanzstück  „Peer Gynt“ an dessen Premiere am 20. Februar. Beate Vollack hat das bekannte dramatische Gedicht, welches 1867 von Henrik Ibsen erschaffen wurde, in eine neue Form gegossen. Diese kommt nun noch bis zum 17. Mai insgesamt neun Mal im Stadttheater St.Gallen zur Aufführung. Eine Chance, die man sich nicht entgehenlassen sollte, findet Schroeder. Und warum er das meint, beschreibt er hier…

„Orientierte man sich als Zuschauer beim Ballettbesuch in St. Gallen in den letzten Spielzeiten oft an jenen raren Szenen, die hinreichend Anzeichen gaben, nicht improvisiert zu sein, liefert die jetzige Leiterin der Kompanie mit ihrem Tanzstück erneut den Beweis, dass Totgesagte länger leben: Beate Vollacks „Peer Gynt“ feierte am 20. Februar Premiere und öffnet gleich eine ganze Galerie von Türen.

Peer Gynt

Exequiel Barreras (Peer Gynt) und Tanzkompanie | Foto: Mario Perricone

Das nahezu verrückte Leben des Brautentführers und nordischen Phantasten glaubhaft zu erzählen, beabsichtigt nicht einmal Ibsens Originaldichtung. Schon Griegs Vertonung konzentriert sich auf die Headlines – das allerdings mit Wucht: einige Stücke stehen ganz oben auf der ewigen Bestenliste weltweiter Klassik-Downloads, und so gibt auch diese Inszenierung eine anspruchsvolle Revue der schillerndsten Lebensszenen, bleibt seriös, gewitzt, kunstvoll.

„Sternstunde des Monats“

Die Spielfreude der Kompanie beschert Lacher, wenn Trolle lustvoll grummeln oder die Schiffsbühne mit bedrohlicher Schlagseite zu sinken droht. Ist sie auch unwirklich, diese Odyssee, nehmen wir gern daran teil, wie sie das Leben auskostet in Freud, Wunsch und Leid, weit weg von der verzweifelten Mutter, deren Ende als bildhauerisches Fanal das Haus die atemlose Bildsprache des Todes lehrt.

Peer Gynt

Tanzkompanie | Foto: Mario Perricone

In Sachen Musik wurde alles auf eine Karte gesetzt. Riskanter geht nicht. „Wir brauchen was, zu dem wir uns bewegen können, schau’n wir doch mal ins CD-Regal!“ – jenen totgerittenen Gaul zu meiden, kann für das Haus fatal sein; Kosten, leere Sitzreihen. Hier aber gibt es neben dem Nachweis von Gravitationswellen die zweite Sternstunde des Monats. Wer bis dato das Akkordeon schmäht, wird aus dem Dunkel ans Licht treten. Mit Lyrik und sonorem Strom beseitigt Goran Kovačević mittels dreier Manuale den Orchestergraben und gießt Betrachter und Akteure in einer Intimität zusammen, die sonst nur in Manegen erlebbar ist. Meine Meinung: Ansehen!“

© Frank Schroeder, www.balzun.de

 

„Peer Gynt“ ist noch zu sehen an folgenden Tage und Zeiten

Lust, in die berühmten Peer-Gynt-Suiten von Edvard Grieg hinein zu hören? Oder auf der Suche nach einem Kurzüberblick zu „Peer Gynt“? Bitteschön!

Karl A. Fürer im Architektur Forum St.Gallen

Im Architektur Forum Ostschweiz an der Davidstrasse 40, St.Gallen wird am 25. Februar um 18.30 h eine Ausstellung eröffnet, die sich zu besuchen lohnt. Unter dem Titel «Vom Klang der Welt – Bilder und Objekte»zeigt Karl A. Fürer in einer retrospektiv konzipierten Ausstellung bis 20. März seine Werke.

Karl ist seit vielen Jahren als Künstler aktiv , hat aber auch junge Kunstschaffende als Lehrer unterrichtet und sie auf ihrem Weg zu einem eigenständigen künstlerischen Ausdruck begleitet.

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Die Ausstellungs-Vorbereitungen laufen auf Hochtouren….

Ab nächsten Donnerstag nun eröffnet im Architektur Forum St.Gallen eine Ausstellung, in der Fürer stark der Frage nachgeht: Wie lässt sich Musik künstlerisch darstellen? Denn seiner Ansicht nach klingt die Welt – und das muss man doch auch malen können!

Musik, als Kunstform, die eben noch besteht und dann im nächsten Moment bereits vergeht, übersetzt Fürer für sich in Bilder. Ganz der Intuition folgende mal er Farbklänge, bildet Töne mal hell, mal dunkel nach und führt dem Betrachter vor, wie Rhythmus und Bewegung einer Melodie in die bildende Kunst übertragen werden kann.

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Werke, die auf ihr Plätzchen warten.

Seine aus allen Schaffensphasen zusammengestellten Werke präsentieren sich so, wie die Organisatoren es formulieren, in einer „dichten, sinnlichen Inszenierung“.

Ausstellungseröffnung: Donnerstag, 25. Februar, 18.30 Uhr

26. Februar – 20. März 2016
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 14 – 17 Uhr

Städtische Ausstellung im Lagerhaus, Architektur Forum Ostschweiz, Davidstrasse 40, 9000 St.Gallen. Patronat: Stadt St.Gallen

Mehr Infos auf dem Flyer zur Ausstellung

 

 

Trio Bassa im Palais Bleu am 20.Februar

Die drei jungen Musikerinnnen Filomena Felley, Trude Mészár und Dina Kehl lassen als „Trio Bassa“ ihre tiefen Streichinstrumente erklingen. Am 20.Februar sind sie mit Werken vom Barock bis zur Gegenwart im Palais Bleu, Kantonsschulstrasse 6, Trogen AR zu hören. Konzertbeginn ist um 20 h – und wer Lust auf eine Suppe vorweg hat, bekommt die bereits ab 19 h serviert. 

„Teuflisch, skurril, düster ertönt das 20. Jahrhundert, dazwischen wird aber barocke Patisserie serviert, zuckersüss und unschuldig. Damit der Teufel auf verschiedenen Hochzeiten tanzen und sein Unwesen auch im barocken Ballsaal treiben darf,“ beschreibt „Trio Bassa“ selbst, was die Zuhörer am 20.2. erwartet.
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Das Trio Bassa besteht aus Filomena Felley, Trude Mészár und Dina Kehl.


Gespielt werden 16 Miniaturen von Maurico Kagel (1931-2008), einer der bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts für das zeitgenössische Musiktheater. Die Miniaturen stammen aus dem Werk „la trahison orale“ (der mündliche Verrat). Dieses handelt vom Teufel, von Hexen und anderen mystischen Gestalten.

 Klänge von unheimlich bis morgenhell

Den skurrilen Miniaturen werden kurze Sätze von Michael Kirsten (1662-1742) gegenüber gesetzt, ein eher unbekannter Komponist aus dem Barock-Zeitalter.

„Notturno“ heisst das Stück für Cello und Kontrabass von Rudolf Kelterborn (*1931), dem in Basel lebenden Komponisten. Kelterborns Nacht hat viele Seiten. Mal ist sie unheimlich und dunkel, mal hört man schon den Morgen kommen.
Zudem erklingt das Duo für Bratsche und Kontrabass „Memento“ von Sándor Veress (1907-1992), einem ungarischen Komponisten, der Ende des zweiten Weltkrieges in Bern Zuflucht fand und die Musikszene der Stadt bis zu seinem Tod stark prägte.
Der Eintritt ist frei. Aber ein Beitrag in die Kollekte wird gerne entgegengenommen.

 

Giancarlo Bolzan, Kreuzlingen (TG)

Wer Giancarlo Bolzan ist:  Der Künstler ist 1963 geboren und lebt und arbeitet in Kreuzlingen. Der Autodidakt konzentriert sich bei seinem Schaffen auf die figurative Malerei. In ihrem Zentrum steht der Mensch, dessen Werden und Vergehen. Deutliche Schwerpunkte bei der Motivwahl liegen auf den Themen Geburt und Tod. Giancarlo Bolzan ist in etlichen Sammlungen vertreten und regelmässig in Einzel- sowie Gruppenausstellungen zu sehen. Mehr zu Giancarlo Bolzan findet man auf seiner Website

 

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Zum Werk: „Im Griff“,  2013, 160 x 180cm, Acryl auf Leinwand. Die Arbeit „Im Griff“ befasst sich ein weiteres Mal mit einem der Kernthemen innerhalb Bolzans Schaffen: Dem Tod.
Hier vor allem geht es um die Angst vor demselben, die Todesangst. Alles schreit hier vor Auswegs- und Hoffnungslosigkeit. Die Farbe Rot ist dominant und versinnbildicht Blut und Schmerz.

Das Opfer im Vordergrund ist klar erkennbar. Der Täter hingegen nur ein schwarzer Schatten, ein Symbol der Gewalt. Die Waffe in seiner (?) Hand ist transparent. Dient diese vielleicht nur als Metapher? Als Metapher für die Enge eines Systems, das uns alle gefangen hält. Und was ist die Lösung? Aufgaben, Suizid… oder doch der Kampf?

Wo der Lindwurm zuhause ist…

Hans Guntli ist ein Mensch, der sich auskennt, wenn es um Lindwürmer, den „Wuhr-Dienst“ und räuberische Landvögte geht. Dass muss er auch. Denn seit rund zehn Jahren führt er Besuchergruppen durch die Kultureinrichtung Schloss Werdenberg und erzählt genau von diesen Dingen. Was das Besondere am Werdenberg für ihn ist und  was ihm beim Herumführen wichtig ist hat er mir an einem Nachmittag erzählt.

 

Hans, hast du besondere Bindungen zum „Werdenberg“?  Ich bin mit dem Schloss Werdenberg und dem „Städtli“, das zu dessen Füssen liegt, gross geworden und schon als Bub dort herumgestromert. Da besteht natürlich eine ganz grosse Identifikation mit der gesamten Anlage für mich. Im Erwachsenenalter habe ich dann angefangen, mich für die regionale Geschichte zu begeistern und mir zum Beispiel die Werdenberger Jahrbücher gekauft.

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Kenner von Schloss und „Städtli“: Hans Guntli

Nun führst du Leute durch eine historische Stätte. Bist du ausgebildeter Historiker? Oder wie kommt man an so einen Job? Ich bin ein völliger „Quereinsteiger“. Aber eben sehr geschichtsinteressiert. Als ich in Pension ging, hat mich die damalige Leiterin der Tourist-Info gefragt, ob ich sowas machen wolle. Wir kannten uns über meine Frau… und so hat sich dann diese Tätigkeit ergeben. Da musste ich keine Sekunde überlegen.

Was reizt dich daran? Zum Beispiel reizen mich die vielen verschiedenen Menschen, mit denen man zusammenkommt. Das sind mal Schulklassen, dann mal Leute auf einem Firmenausflug. Ich versuche jeweils, mich der Gruppe anzupassen und schaue, was die besonders spannend finden. Das geschieht immer recht spontan. Ausserdem ist mir wichtig, dass ich eine Diskussion anstosse und den Dialog suche – und eben nicht der einzige bin, der pausenlos redet.

 

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Malerisch gelegen: Das Schloss

Trotzdem wirst du ja sowas wie einen „roten Faden“ bei deinen Führungen haben. Was präsentierst du dem Publikum? Oh, vieles (lacht). Was ich erzähle geht von den mittelalterlichen Anfängen über die Glarner Herrschaft mit ihren Landvögten bis hin zur Familie Hilty. Die Hiltys waren die letzten „Schlossherren“ und die haben es 1956 dem Kanton geschenkt.

Okay, picken wir uns mal das Mittelalter raus. Was gibt es da beispielsweise zu erklären? Im Städtli etwa zeige ich die Bauten mit den verschiedenen Bauweisen. Die Holzbauweise, die es dort gibt, ist einzigartig in der Schweiz und sogar in Europa. Die Stadtentwicklung hat ja bereits 1261 begonnen. Die ersten Häuser wurden noch in die Stadtmauer eingebaut, um Baumaterial und Platz zu sparen. Jetzt all die verschiedenen Phasen zu erzählen, würde den Rahmen sprengen. Aber man muss sich das doch mal vorstellen: Bis ins Jahr 1960 herrschte „mittelalterlicher Originalzustand“, da gabs nicht mal fliessendes Wasser in den Gebäuden.

 

Was ist denn 1960 passiert? Bis zu diesem Zeitpunkt, galt das Städtli praktisch als „Armenhaus“ von Grabs.  1960 organisierte der Heimatschutz dann eine Schoggitaleraktion. Mit dem so erworbenen Geld ist das Städtli saniert worden. Heute wohnen hier immer noch an die 70 Menschen. Aber mittlerweile ist es eine bevorzugte Wohnlage, die mit viel Liebe in historischem Gewand erhalten wird.

Werdenberg, St. Gallen, Schweiz, 28. April 2014 - Schlangenhaus in Werdenberg, Museum, Schloss Mediale.

Schlangenhaus in Werdenberg, Museum, Schloss Mediale 2014

Ein besonderes Gebäude im Städtli ist das Schlangenhaus. Zuerst dachte ich, man könne da Schlangen wie in einem Terrarium betrachten. Aber da war ich auf dem Holzweg….
Ja, denn das  Schlangenhaus hat natürlich nichts mit lebenden Schlangen zu tun. Es ist ein Gebäude im Städtli, auf dem ein sehr kunstvoll aufgemalter Lindwurm zu sehen ist. Den hat man im Mittelalter  deshalb aufgemalt, um die  bösen Geister fernzuhalten. Ursprünglich war das nämlich ein Wohnhaus für ganz normale Leute. Und die wollten sich schützen.

Wohnen tut darin aber niemand mehr. Es ist ja ein Museum. Genau. Ausgestellt sind dort Dinge, die das „gemeine Volk“ betrafen: Arbeits- und Haushaltsgegenstände etwa. Man bekommt aber auch Infos über das Brauchtum der Region vermittelt. Zum Beispiel, wie im Mittelalter mit dem Tod umgegangen wurde.

Und noch eine abschliessende Frage: Man erfährt vor Ort auch über das Tagewerk der mittelalterlichen Städtli-Bewohner. Was zum Beispiel? Früher haben alle Bewohner  „Wuhr-Arbeit“ leisten müssen. Heute würde man dazu wohl Damm-Bauarbeiten sagen. Der Ort liegt ja direkt am Rhein und der hat die Talebene immer wieder überflutet. Deswegen mussten alle Einwohner den Rhein zurück dämmen. Das war teilweise Frondienst, den sie bis ins 19. Jh., als der Rhein in die jetzigen Dämme gelegt wurde, leisten mussten.

Vielen Dank für das Gespräch.

 

Kleiner Epilog

Neben den historischen Highlights bietet Schloss Werdenberg heute übrigens auch ganz viel Modernes. Seit einiger Zeit findet hier zum Beispiel die sog. „Schlossmediale“ mit Theater, Konzerten und vielem mehr statt. Auch für Kids gibt’s Specials: Beim Programm „Graben und forschen“ erfahren sie, wie Archäologen arbeiten und können sich selber fachmännisch an „Grabungsstätten“ zu schaffen machen.

Mein Dank für die Bilder geht an:

  • „Schlangenhaus“ – Daniel Ammann. Zu seiner Website und einem Zeitungsartikel
  •  „Porträt Hans Guntli“ – Daniela Rüegg
  • „Ansicht Schloss Werdenberg“ – Hans Guntli