Ausstellungen ja!!! – aber nur mit Vertrag!

TEIL l – Ausstellungsverträge.

Tolle Ausstellungen zu realisieren, am besten auch noch viele Verkäufe zu tätigen und gut in den Medien besprochen zu werden – davon träumt wohl jeder bildende Künstler. Und weil Ausstellungsmöglichkeiten rar sind, ist man auch mal schnell bereit, Bauchentscheide zu fällen. Dann stellt man seine Werke hier und da aus…und hat oft nicht einmal die Absicherung mittels eines Vertrags, der definiert, wie die Sache über die Bühne zu gehen hat. Hier einige Tipps und ein Mustervertrag…

vertrag-bildOkay, in sehr vielen Fällen stellen Kunstschaffende an Orten aus, wo es doch schon ein gewisses Know-how gibt. Selbst kleine Galerien und Off-Spaces sind in der Regel an dem Punkt angelangt, dass sie Ausstellungen mittels Verträgen regeln. Das ist für alle Beteiligten von Vorteil. Denn es zeigt klar auf, welche Leistungen erbracht und erwartet werden dürfen oder auch welches Honorar garantiert ist. Und falls Sonderregelungen anfallen, können auch diese problemlos im Vertrag noch formuliert werden. Hier eine kleine Liste von Punkten, die jeder Vertrag enthalten sollte – für all jene, die einen Ausstellungsvertrag benötigen und denen noch keiner zwischen die Finger gekommen ist..

 

7 Punkte, die im Vertrag definiert sein sollten

  1. Namen der Vertragspartner- Wer ist der Aussteller UND wer ist Ausführender?
  2. Ausstellungsziel- Welche Art von Kunst wird ausgestellt/Werkliste?
  3. Termine – Dauer, Ort, Zeiten der Ausstellung?
  4. Vergütungen – Welches Honorar steht an, wie werden Spesen geregelt
  5. Rechte und Pflichten der Vertragsparteien- Wer muss was gewährleisten?
  6. Versicherungen, Transporte und so weiter
  7. Zusatzregelungen und Unterschriften

Sind diese sieben Punkte einigermassen gefixt, kann schon nicht mehr alles schief gehen. Umfassende Vertragsvorlagen, z.T. leider kostenpflichtig, finden sich hier:

Mustervertrag fuer die Schweiz

Infos zur Vertragsgestaltung fuer Deutschland

Wer regelmässig und auf professioneller Ebene Ausstellungen realisiert, sollte sich dennoch überlegen, ob er das Geld für diese Verträge nicht locker machen will. Ich halte das für sehr sinnvoll.

Für all jene, die hingegen eher selten ausstellen, stelle ich hier einen kleinen Mustervertrag zur Verfügung (ohne Gewähr auf Vollständigkeit – ich bin keine Juristin – und einfach zur Info…)

ausstellungsvertrag_muster

 

Demnächst gibts hier noch mehr zu diesem Thema – dann nämlich ein Muster eines Kaufvertrags…

„Must hear“: Klangkosmos mit Christian Zehnder im LATTICH

Flohmärkte, Performances und manches mehr: Zur Zeit tut sich viel in Sachen Kultur auf dem Güterbahnhofareal in St. Gallen. Das Zwischennutzungs-Projekt „Lattich“ treibt auch 2017 wilde und wunderbare Blüten. Eine davon ist Christian Zehnder und seine SONGS FROM NEW SPACE MOUNTAIN. Ein musikalisches Experiment, das seines gleichen sucht und am 27. Mai um 20 h zu erleben ist! Ran an die Tickets!

Das Kuratorenteam Ann Katrin Cooper und Tobias Spori, das Zehnder für den Auftritt ins Lattich geholt hat, erklärt dazu:

„Er ist Vo­ka­list, Stim­men­künst­ler, Jod­ler und Ober­ton­sän­ger! Alles trifft auf ihn zu und doch will sich der ei­gen­wil­li­ge Schwei­zer Mu­si­ker, der schon mit dem un­ver­gleich­li­chen Duo Stimm­horn die al­pi­ne Musik neu auf­misch­te und Kult­sta­tus ge­niesst, in sei­ner Viel­falt nicht ein­ord­nen las­sen. Chris­ti­an Zehn­ders mu­si­ka­li­sche Welt schöpft aus den ar­chai­schen Ver­laut­ba­run­gen der mensch­li­chen Stim­me und ist ganz im Topos der al­pi­nen Welt ver­an­kert.

“Eine Reise durch einen un­ver­gleich­li­chen Klang­kos­mos – ein aus­ser­ir­di­scher Hei­mat­abend!”

Aus dem Um­feld des (Musik-) Thea­ters und der zeit­ge­nös­si­schen Musik ent­wi­ckel­te der Stim­men­künst­ler fern­ab von Tra­di­tio­nen eine ganz ei­ge­ne Musik, die auch als ima­gi­nä­re Uto­pie der Hei­mat ver­stan­den wer­den kann.

Christian Zehnder (Foto: Nils Fisch)

Als So­list, Kom­po­nist und Re­gis­seur trans­for­miert er Es­sen­ti­el­les aus dem al­pi­nen Schaf­fens­raum in ver­schie­de­ne Dis­zi­pli­nen und be­haup­tet darin kom­pro­miss­los eine ei­gen­stän­di­ge künst­le­ri­sche Vi­si­on: den new space moun­tain.“

Chris­ti­an Zehn­der (CH): Stim­me, Ober­ton­ge­sant, Glo­bal-Jo­de­ling
Ma­ni­pu­lier­te Klang­werk­zeu­ge: Wipp­kor­de­on, Mund­pfei­fen, Trüm­pi, Tau­cher­bril­le, Schel­le, Mi­ni­moog, Elec­tro­nic Tan­pu­ra u.a.

Ort: HALLE – Raum für die Künste im Lattich-Quartier, Güterbahnhofstrasse 8, 9000 St.Gallen
Tickets: 30 Fr / 15 Fr ermässigt | www.lattich.ch oder an der Abendkasse ab 19 Uhr

Alex Hanimann: «Die Collage ist das eigentliche Prinzip unserer Zeit.»

Die NZZ schrieb einmal, er zähle mit seinem zeichnerischen Werk zu den wichtigsten Schweizer Künstlern der Gegenwart. Zudem hat er die Kunsthalle St. Gallen mitbegründet und war lange Mitglied in der eidgenössischen Kunstkommission. Bis heute unterrichtet er an der ZHdK und ist in Ausstellungen aktiv. Die Rede ist von Alex Hanimann. Trotz all des Ruhms sind ihm Starallüren erfreulich fremd, wie er im Gespräch in seinem St.Galler Atelier unter Beweis stellt.

Alex, über dich und dein Werk gibt es SO viel zu lesen. Daher soll hier gar nicht darüber geredet werden. Sondern vielleicht nur eine einzige Frage dazu: Gibt es eine Quintessenz, die konstant in deiner Arbeit auftaucht? Wahrscheinlich, dass ich mich nicht auf etwas festlege, sondern eher an Gegensätzen interessiert bin.

Welche Gegensätze? Zum Beispiel Ordnung und Chaos. Ich versuche permanent, Ordnung zu schaffen, damit Dinge verständlich werden. Gleichzeitig provoziere ich immer auch chaotische Situationen, bringe Sachen durcheinander, um so aus dem Ungeordneten heraus neue Bilder und Sichtweisen zu generieren. So pendelt das zwischen Bekanntem und Unbekanntem, zwischen Bewährtem und Neuem hin und her.

No proof – no commentary – no double entendre, 2012, MAMCO, Genf

Dann gibt es also auch in deinem künstlerischen Ausdruck gegensätzliche Pole? Ja. Auf der einen Seite gibt es die abstrakte Welt der Sprache. Und auf der anderen die Bilder und Figuren, eine konkrete Welt, in der die Dinge im zwei- und dreidimensionalen Raum angesiedelt sind. In jedem Fall ist es das Stereotype und das Prototypische, das mich interessiert. Die Kunst gibt mir die Möglichkeit, Inhalte in Form von Modellen und Hypothesen zu untersuchen, um so Wahrheiten überprüfen und  bestätigen zu können oder aber Hypothesen zu behaupten.

„Lesen lohnt sich“ – Filzstift auf Transparent Papier, 30.5 x 45 cm

Du unterrichtest Studenten. Welche Eigenschaften, meinst du, helfen dir, Künstler und zugleich Lehrer für andere Kunstschaffende zu sein?  Ich bin ein neugieriger Mensch und interessiere mich immer auch dafür, was andere machen, weil ich davon lernen kann. Ich wechsle sozusagen die Perspektive und den Fokus. Das weitet den Blick, ist bereichernd und inspirierend. Gleichzeitig schafft der Blick auf das Andere, das Fremde, auch Distanz. Das hilft mir wiederum, meine eigenen Arbeiten zu relativieren, sie klar abzugrenzen, zu schärfen und zu präzisieren.

Im Ungeformten und Rohen die Stärken aufspüren

Trotzdem stelle ich es mir schwer vor, Studierende an der langen Leine zu lassen und ihnen keine eigenen künstlerischen Ideen aufdrücken zu wollen. Das stimmt natürlich. Einerseits versuche ich, die Studentinnen und Studenten in ihren eigenen, originellen Ideen zu unterstützen. Auf der anderen Seite, will ich aber auch meine ganz spezifischen, breiten und langjährigen Erfahrungen mit Kunst, mit dem Her- und Ausstellen von Kunst vermitteln. Das kommt einer Art Quadratur des Zirkels gleich.

Alex Hanimann – Sein Selfie hat er im Toni an der ZHdK aufgenommen.

Du selbst giltst als Konzeptkünstler. Objekte, Malereien, Zeichnungen, Texte: Dir scheint nichts fremd. Erwartest du von deinen Studierenden die gleiche Vielseitigkeit? Jede und jeder sollte versuchen, seine Stärken einzusetzen. Die Voraussetzungen und Talente können sehr unterschiedlich sein. Das aufzuspüren, herauszufinden, wie man sich am besten artikulieren kann, ist der Sinn jeder künstlerischen Ausbildung. Gerade bei jungen Menschen ist ja vieles noch roh und ungeformt. Es ist schon da, aber es ist noch nicht wirklich sichtbar. So gilt es einerseits, im Unterricht, in der Ausbildung, breit zu experimentieren; andererseits auch zu fokussieren. Wie weit das gelingt, hängt einerseits von der Offenheit und Unvoreingenommenheit des Lehrers ab und gelingt andererseits nur mit  klaren Stellungnahmen, dem präzisen Einmischen und in Frage stellen.

Die Umgangsformen mit Kulturgut wandeln sich

Was mich zum Schluss noch interessieren würde: Du hast schon immer mit fremden Bildvorlagen gearbeitet, diese weiter verwertet – böse gesagt: geklaut.  Wie gehst du selbst damit um, wenn jemand deine Werke adaptiert und damit arbeitet? Ich habe kein Problem, wenn jemand meine Arbeiten weiterverwendet. Ich denke, es liegt im Wesen unserer Zeit, dass Dinge vermischt werden. Die breite Verfügbarkeit von Wissen, von Bildern und Sprache soll meiner Meinung nach genutzt werden können. Die Autorin, der Autor, verschwindet so teilweise in einer kollektiven Autorschaft. Sharing und Recycling bilden eine Art Fundament unserer Zeit. So ist nur logisch, dass man fremde Dinge benutzt, adaptiert und transformiert. Die Collage ist das eigentliche Prinzip unserer Zeit. Klar muss man gewisse Dinge respektieren. Grundsätzlich meine ich, dass es beim Benutzen der Dinge entweder irgendeine Veränderung oder eine erkennbare Manipulation braucht. Oder aber, man legt offen, woher eine Quelle stammt. Es geht nicht, 1:1 eine Formulierung zu übernehmen und diese als die eigene auszugeben. Das muss man wissen, ernst nehmen und auch akzeptieren. Aber die Umgangsformen mit Kulturgut wandeln sich eben.

 

(Bilder: (c) Alex Hanimann)