Rilkes „Das Marien-Leben“ made by Thomas Fuhrer

 

Thomas Fuhrer blickt auf über 30 Jahre Theatererfahrung zurück. Nach seiner Schauspielausbildung in Bern, war er auf zahlreichen Bühnen im In- und Ausland zu Gast. Die Städtischen Bühnen in Frankfurt/Main, das Düsseldorfer Schauspielhaus oder das Berner Stadttheater sind nur einige davon. Bald bringt der 1955 geborene Fuhrer nun eine Eigenproduktion auf die Bühne: Seine Interpretation von Rilkes Gedichtzyklus „Das Marien-Leben“. Premiere ist am 9. Dezember im Theater 111 an der Grossackerstrasse 3 in St.Gallen. Was genau sich dahinter verbirgt hat Thomas Fuhrer mir erzählt.

 

Um wieviel Gedichte gehts eigentlich beim „Marien-Leben“ von Rilke?

Das sind insgesamt 15 Stück. Oder besser: 13 – wobei das 13te aus drei Gedichten besteht. Ich habe die Gedichte in einen szenischen Ablauf gebracht und hoffe die Zuschauer / Zuhörer 45 Minuten in den Bann ziehen zu können (lacht).

Verrätst du auch etwas zu den Inhalten? Wovon handeln die Texte? 

Im Grossen und Ganzen handelt der Zyklus von der Geburt Mariens bis hin zu ihrem Tod. Es sind 15 lyrische Texte, die Rilke im Januar 1913 innerhalb sehr kurzer Zeit – wohl zirka eine Woche – bei einem Venedigbesuch verfasst hat.

 

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Wie bist du auf diese Gedichte gestossen und was macht den Reiz einer Inszenierung für dich aus?

Die Gedichte kenne ich schon seit einigen Jahren. Und ich wollte immer irgendwas damit anstellen. Im vergangenen Juli  war dann der richtige Zeitpunkt dafür. Und was mich reizt daran? Mmmh. Es sind Gedichte, die man lange auf sich wirken lassen muss, die man gut kennen muss. Das Thema „Das Leben der Maria“ ist irgendwie in einer „Zwischenwelt“ angesiedelt, abgehoben. Das auf die Erde runterzuholen… das ist spannend.

 

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Und wie holst du es auf die Erde runter? Ich stelle mir vor, du setzt dich einfach auf die Bühne und rezitierst los?

Na ja, (lacht) so einfach mache ich es mir dann doch nicht. Ich habe mir bei Bukowski einen Charakter, eine Figur, geborgt. Charles Bukowski ist ein Autor, der Geschichten über das Leben derer schreibt, die gescheitert sind. Die mit Armut, Alkohol und Elend zu kämpfen haben. Diese Bukowskische Figur mache ich zu meinem „Vermittler“. Maria als Gestalt ist hierzu Gegenpol. Sie kann nichts umhauen: überraschende Schwangerschaft, Flucht, Hinrichtung des geliebten Sohnes. Maria – Bukowski….. für mich ist das ein spannungsgeladener Kontrast.

Wow, klingt ganz schön vielschichtig,was du da auf die Bühne bringst.

Tja, ich hoffe, das es das auch ist. Es ist ein Versuch. Und es ist schwierig, das in wenige kurze Worte zu fassen. Ich denke, am Besten kann ich das dann tatsächlich auf der Bühne transportieren.

(Fotos: Samuel Forrer)

 Aufführungen im Dezember

9./ 11./12. /17./ 18./ 19. Dezember 2015
je 20.00 Uhr
Reservation 079 436 59 35
thomasfuhrer@vtxmail.ch
Türöffnung 45 Min vor Beginn

 

 

 

Mehr Informationen im Flyer zum „Marien-Leben“ FlyerHimmelErde und unter Programm Theater 111

Sylvia Geel, Heiden (AR)

Wer Sylvia Geel ist: Seit 2005: Lehrauftrag, Illustration, Schule für Gestaltung, St.Gallen. Seit 2004 Fachexpertin Aufnahmeprüfung Fachklasse Grafik, Schule für Gestaltung, St.Gallen. Seit 2003 Fachexpertin Grafiker-Lehrabschlussprüfungen, St.Gallen. 2002 
Pädagogisch-künstlerische Projektarbeit, Jugendstätte Bellevue, Altstätten. Seit 1990 freischaffende Illustratorin und Grafikerin. Seit 1987 freischaffende Künstlerin, vorwiegend Malerei. Mehr Infos unter Sylvia Geel im Künstlerarchiv

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-Zum Bild: «devotio» –  das bedeutet Hingabe.Sich hingeben, unreflektiert, in gutem Glauben, vertrauensvoll.Hinnehmen – in sich aufnehmen, schlucken. Die ganze Serie besteht aus 40 Bildern. Sie stehen symbolisch für Menschen, die sich für eine Ideologie, bis hin zu Fanatismus, hingeben.

Ausstellungen: (Auswahl) 2014 Einzelausstellung Spital Heiden. 2013 Einzelausstellung Kultur im Bahnhof, St.Gallen. 2012 Einzelausstellung Frauenbibliothek Wyborada, St.Gallen. 2010 Gruppenausstellung art-trogen, Trogen. 2010 Gruppenausstellung Galerie Margrit Oertli, St.Gallen. 2009 Gruppenausstellung Fabrik am Weiher, Zwillikon. 2007 Einzelausstellung Galerie vor der Klostermauer, St.Gallen

…und ein Interview

Wenn die Hand das Denken weiterführt

«Das Denken unterbrechen. Eine Ausstellung über Zeichnungen, Notizen und Ideenskizzen»  eröffnet am kommenden Sonntag, 22. November um 16 h in der Kunstbibliothek des Sitterwerks. Auch wenn ich noch nichts davon gesehen habe, bin ich sicher, dass diese Ausstellung sich lohnt. Und als  absoluter Fan der Kunstgiesserei und der Kunstbibliothek werde ich sie bestimmt nicht verpassen.

Und das sagen die Macher selbst darüber: „Die Ausstellung «Das Denken unterbrechen» vereint ein gemeinsames Element der Stiftung Sitterwerk und der Kunstgiesserei St. Gallen: Das Skizzieren und Zeichnen als der Moment, in dem die Hand das Denken weiterführt.

Aus beiden Institutionen kommen Beiträge zusammen, die mit Positionen von Architekten, Gestaltern und Künstlern aus dem In- und Ausland kombiniert werden. Der heimliche Star der Ausstellung ist die Werk- oder Konstruktionsskizze, die flüchtige Zeichnung, die dann zum Einsatz kommt, wenn eine gestalterische Aufgabe im Kopf nicht gelöst werden kann – die Hand und der Bleistift übernehmen und bringen die Gedanken aufs Papier.“

 

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Eröffnung
Sonntag, 22. November 2015, 16 bis 19 Uhr
mit Buchvernissage von Mathew Kneebone, Mechanical Systems Drawing Vol. 2
Begrüssung um 17 Uhr, im Anschluss Suppe und Getränke

Finissage
Sonntag, 14. Februar 2016, 14 bis 17 Uhr
mit einer Intervention von Monika Bartholomé und dem Museum für Zeichnung

 

Mehr zur Ausstellung Das Denken unterbrechen

Wir sind auch ein Experimentierfeld …

In St. Gallen gibt es seit der Spielzeit 2013/14 ein unkonventionelles kleines Theater, eine Off-Bühne. Es heisst „Theater 111“ und ist eigentlich viel Verschiedenes in einem: Vom Salon über Konzertlokal bis hin zur Vernetzungsstätte. Insgesamt sieben Theaterschaffende aus der Region St.Gallen gehören zum Gründerteam der Kulturstätte, die als Verein strukturiert ist und deren Mitglied man werden kann. […]

Malerei & Skulptur: „Chaminar“ (TG)

Am kommenden Samstag, 14. November, eröffnet in Frauenfeld um 17.30 h eine Ausstellung, auf die ich mich persönlich sehr freue. Unter dem Titel Chaminar gibts dann im Berner Haus Arbeiten von zwei  Ostschweizerinnen zu bestaunen, die ich schätze: Claudia Züllig (Malerei) und Birgit Widmer (Skulpturen). Veranstalter der Ausstellung, die bis zum 13. Dezember läuft, ist übrigens der Kunstverein Frauenfeld.
Wer Claudia Zülligs Schaffen kennt, weiss es -und wer ihren Arbeiten zum ersten Mal begegnet, muss wissen: Immer schon lag der Fokus ihrer Bildmotive auf der Natur. Egal ob Blattmotive, Wälder, Frauenkörper (der Körper als „Landschaft“) oder Landschaften aus Fels und Schnee.

Motivjagd im Gebirge

Claudia Züllig hat mir einmal verraten, dass sie sich oft mit Stift und Leporello bewaffnet auf Streifzüge ins Gebirge begab, um dort ihre Motive zu finden. Da wurde dann skizziert, einzelne Steine als ganze Miniaturmassive wahrgenommen. Und nochmals skizziert. Es entstanden Blatt um Blatt ganze Bergketten, neue Topografien, die so in keiner echten Landschaftskarte zu finden sind.

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Malerei von Claudia Züllig

In der Ausstellung Chaminar  zeigt Züllig nun u.a. Malereien, die den Grundgedanken dieser Zeichnungen weitertragen. Sie kommen mit wenigen Farben aus, sind monochrom gehalten. Mit gezielter Licht- und Schatten-Setzung, mit klaren Linien, wo nötig – und bewusstem Verwischen, Verunklaren entstehen so ihre stimmungsvollen und fast abstrakt anmutenden Bilder.

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Holzarbeiten von Birgit Widmer

Soviel zu den Landschaften. Man darf sich auch auf mehr freuen, wenn man Chaminar als Besucher durchstreift: Zum Beispiel Frauengestalten aus Claudia Zülligs Pinsel und wunderbare Holzarbeiten von Birgit Widmer. Logisch, dass meine Devise lautet: Selber-Gucken!

 

Ausstellungsadresse:
Bankplatz 5 / Freiestrasse
(Bei der kath. Kirche)
8500 Frauenfeld

geöffnet:
Sa 10 – 12 und 14- 17 h
So 14 – 17 h
Und wer noch Infos aus weiteren Quellen wünscht… hier gehts zur Website vom Berner Haus
und zu den Seiten von Claudia Züllig und Birgit Widmer

deins oder meins? infos zum urheberrecht

Früher oder später erwischt sie einen doch: Die Frage nach dem Urheberrecht. Entweder, weil man als Kunstschaffender Werke anderer Künstler für die eigene Arbeit nutzen möchte. Oder weil man per Zufall feststellt, dass ein eigenes, mit Herzblut erschaffenes Werk von anderen kopiert, adaptiert, remixt wird. Dann hat man ganz schnell Fragen im Kopf: Wie sind Werke überhaupt geschützt? Ab wann darf man sie verwenden? Und was heisst denn eigentlich „geistiges Eigentum“? Es lohnt sich daher, sich bereits vor dem Tag X  ein wenig mit der Materie zu befassen. Hier etwas „Starter“-Input.

 

Die meisten Kunstschaffenden wissen heute, dass ein Gemälde, eine Komposition oder ein Gedicht im Regelfall einem urheberrechtlichen Schutz unterliegen. Auch ist bekannt, dass dieser Schutz üblicherweise 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers erlischt. Dann wird dieses Werk Teil der „Public Domain“, zu deutsch: Gemeinfreiheit – und darf ab diesem Moment problemlos verwendet werden. Damit hört bei vielen ihr Know-how zur Sache aber schon wieder auf. DSC_1144

Doch es gibt natürlich noch viel mehr, was man zu Urheberrecht, Gemeinfreiheit und Public Domain sagen kann. Jurist und Autor Martin Steiger hat Fakten dazu in einem eben erschienenen Buch (mit dem Titel „Public Domain“) auf den Punkt gebracht. Hier eine winzige Auswahl daraus.

Die 70 Jahres-Regel ist etwas zu allgemein. Eine Differenzierung ist nötig. Denn es gilt: Bei Software dauert die Frist lediglich 50 Jahre. Bei unbekannten Urhebern erlischt der Schutz 70 Jahre nach Publikation des jeweiligen Werkes — und und und…

Es gibt überdies viele Werke, die nie urheberrechtlich geschützt waren. Zu diesen zählen etwa Gesetztestexte, Behördenberichte oder Protokolle. Des Weiteren fallen in die Kategorie der ungeschützten Werke aber auch „künstlerische Arbeiten“. Und zwar solche, denen ein ausreichender individueller Charakter fehlt und die „deshalb die sogenannte Schöpfungshöhe nicht erreichen“.

Ein Urheberrecht entsteht automatisch

Das Urheberrecht an einem Werk entsteht automatisch, sofern bestimmte Kriterien erfüllt sind. Selbst dann, wenn der Urheber es gar nicht will. In der Schweiz – anders als in den USA – ist es aus diesem Grund unmöglich, das „Urheberrecht an einem eigenen Werk vollständig aufzugeben“.

Sobald ein Werk in der Public Domain ist, dürfen Erben und andere Rechteinhaber den Zugang dazu nicht verweigern, einschränken oder nur kostenpflichtig gestatten. Ihnen fehlt die „urheberrechtliche Verfügungsmacht“.

Dennoch gewährt die Public Domain noch lange keinen Anspruch auf freien Zugang zu einem Werk , ebenso wenig wie dessen uneingeschränkte Nutzung. Ein gutes Beispiel dafür sind Museen. Sie machen etwa ihre Hausordnung geltend und verbieten so z.B. das Abfotografieren von Bildern. Das ist völlig legitim.

 

Zum Buch „Public Domain“

Martin Steiger informiert über noch viel, viel mehr. Und ich kann jedem, der sich für das Thema „Urheberrecht“ interessiert nur ans Herz legen, einen Blick in dieses Buch zu werfen. Es ist kurzweilig zu lesen und sensibilisiert dennoch intensiv und informativ für die Materie.

Ich bin im Oktober in Frankfurt auf der Buchmesse darauf gestossen und lege es seitdem kaum mehr aus der Hand. Steiger schreibt übrigens in diesem Buch nicht alleine.  Eine Reihe sehr kompetenter Co-Autoren behandeln neben Steigers Beitrag zu  „Public Domain im Urheberrecht“ alle möglichen Bereiche bis hin zum„Rebloggen als Kulturtechnik“. Da ist also für jeden etwas Wissenswertes drin.

Was mir besonders an dieser Publikation gefällt ist:

  • Man spürt, dass die Schreiber wirkliches Know-how mitbringen.
  • Die Texte sind bestens zu lesen. Kein Fach-Kauderwelsch und keine Endlossätze.
  • Zudem sind die einzelnen Kapitel verhältnismässig kurz, dafür knackig. Man muss sich nicht erst durch viele Seiten wühlen, bis man endlich mal auf eine informative Aussage trifft.
  • Am Ende jedes Beitrags dachte ich: „Wow, da hab ich echt was dazugelernt“.

Mein Fazit: So macht das Lesen von Fachliteratur Spass.

Das Buch: Migros-Kulturprozent, Dominic Landwehr (Hg.): Public Domain – Edition Digital Culture 3, 252 S., Christoph Merian Verlag 2015

ISBN: 978-3-85616-657-1

Andrea Giuseppe Corciulo (SG)

Wer Andrea Giuseppe Corciulo ist: 1972 geboren. In Teufen aufgewachsen. Lebt und arbeitet heute in St.Gallen. 1994-1998 besuchte er die Höhere Schule für Gestaltung.

Auszeichnungen und Preise (Auswahl): 2008 Förderpreis der Stadt St.Gallen ; 2007 Förderpreis UBS Kulturstiftung; 2006 Atelierstipendium in der Cité International des Arts, Paris; 2005 Atelierstipendium in Rom, Kanton St.Gallen; 2002 Werkbeitrag des Kanton St.Gallen. Mehr über ihn auf Tumblr: Website

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Zum aktuellen Projekt „floating“: 

„floating“ lautet der Titel des neusten Projekts von Andrea Corciulo. Für seine aus mehreren Werken bestehende Serie löst der Künstler die klassische Papiercollage aus der 2-Dimensionalität auf und überführt sie in eine 3-dimensionale Wahrnehmung. In mehreren Arbeitsschritten inszeniert und fotografiert er die Collage. Das Endprodukt ist ein Fotoabzug, die Originalcollagen werden zerstört. Mit einer besonderen Art der Beleuchtung erzeugt der Künstler Schatten, welche die einzelnen Bildelemente in den Zustand des Schwebens zu versetzen scheinen.

Aktuell zeigt der Künstler „floating“ im Projektraum Nextex im Rahmen einer Gruppenausstellung mit Rahel Müller und Simon Gehrig. Noch bis 26.November.

Im Atelier bei Rik Beemsterboer (SG)

Neugierig auf Rik Beemsterboer und seine Malereien bin ich eigentlich im Jahr 2013 geworden. Damals gab‘s eine Einzelausstellung von ihm im Architekturforum St. Gallen mit klasse Werken, die sich irgendwo im Grenzbereich zwischen Objekt und Gemälde bewegten. Umso toller fand ich es, dass er Laune hatte, nun ein kleines Interview mit mir zu führen. Meine ursprünglichen Fragen an ihn habe ich aber schnell über den Haufen geworfen. Denn was er mir in seinem Wittenbacher Atelier über „musikalische Landscapes“ oder die Gesichter von Amokläufern erzählt hat, war einfach viel spannender…

Als allererstes, bitte eine kleine Vorstellung: Wer bist du eigentlich?  (lacht) Ich bin der Rik. Ich bin in Holland geboren und hatte eigentlich immer ein bisschen was von einem Unruhestifter in mir. Künstler wollte ich nie werden. Bis ich zehn wurde, wollte ich allerdings Bauer werden. Mittlerweile male ich aber seit 25 Jahren. Und ich bin verheiratet und habe zwei Kids.

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Rik Beemsterboer

Du wolltest nie Künstler werden und bist es nun doch? Wie kam es dazu? Schule war nicht so mein Ding. Nach dem Schulabschluss wollte ich nie mehr was mit Noten und Büchern zu tun haben. Damals habe ich gerne fotografiert. Mein Onkel sah Fotos von mir und meinte, die seien richtig gut und ich solle mich doch mal an der Akademie bewerben. Ich hab‘s versucht und wurde an der A.K.I  Academy of Art and Industrial design in Enschede (NL) angenommen.

Heute bist du aber als Maler bekannt, nicht als Fotograf. Oder habe ich da was Wichtiges verpasst? Die ersten beiden Jahre an der Akademie waren offen. Da konnte man viel Verschiedenes ausprobieren. Im dritten Jahr habe ich Fotografie fallenlassen. Irgendwie gab es da keine spannenden Sujets zum Fotografieren. Damals kam gerade Video als neue Richtung auf. Ich habe also das versucht. Aber es war auch nicht das richtige für mich: Zu viel rumsitzen, zu oft Filme schneiden. Also weg damit. Und dann habe ich die Malerei entdeckt und bin seitdem bei der geblieben.

 Ich musste mich für Malerei oder Musik entscheiden

Malerei wurde da also zu sowas wie einem Lebensinhalt? Ach nein (schmunzelt). So krampfig darf man das nicht sehen. Man kann sooo viel ausprobieren. Ich hatte nie ein festes Ziel im Kopf. Während dem Studium habe ich auch Saxophon in einer Band gespielt. Da haben wir zum Beispiel musikalische Experimente gemacht. Mit Stimme, Saxophon, und das dann technisch verändert. Wir nannten es „musikalische Landscapes“ und haben es bisdamit bis nach New York und Japan ins Radio geschafft.image1 (1)

Uff. Das überrascht mich jetzt. Und wie ging es weiter? Hast du eine Karriere als Musiker geplant? 1992 war mein Abschlussjahr an der Akademie. Da musste ich mich entscheiden, Musik oder Kunst zu machen. Ich entschied mich für Kunst und bin nach Amsterdam gezogen. Dort hab‘  ich immer gemalt und nebenbei zwei Tage die Woche in einem Shop gearbeitet. So kam ich knapp über die Runden. Und im Jahr 2000 bin ich dann der Liebe wegen in die Schweiz. Hier habe ich zusätzlich zur Malerei angefangen als Werklehrer zu arbeiten und auch noch die pädagogisch-didaktische Ausbildung gemacht.

Okay. Jetzt muss ich wirklich mal nach deiner Malerei fragen. Wie malst du? Was interessiert dich? Wo nimmst du deine Themen her? Oh, du willst ja ganz schön viel auf einmal wissen. Na, fang‘ ich mal an…. Eine Weile habe ich abstrakt gemalt. Dann wurde mir das zu langweilig. Ich bin also zum Realismus gewechselt und hatte dann auch erste Ausstellungen. Da ich ein Beobachter bin, interessiert mich so ziemlich alles. Ich schaue, was in der Welt um mich rum passiert. Dann drängen sich auch schon Themen auf, mit denen ich mich auseinandersetzen will.

Unheimlich, so ein Attentäter mit Kindergesicht

Nenne doch mal ein Beispiel. Also eines davon ist die Serie „Amokläufer in Schulhäusern“. 2009 gab es doch diesen Anschlag in Winningen (DE). Mit insgesamt 16 Toten.  Am nächsten Tag war das in der Zeitung. Und am übernächsten war es gleich vergessen. Da bin ich so frustriert gewesen. Über die Menschen. Und auch über mich selbst.  Denn man hat das so schnell wieder aus dem Kopf gehabt. Ich dachte: „Meine Güte, wie sind wir Menschen nur?“ Das hat mich wahnsinnig gestört. Und deshalb habe ich dann angefangen,  mich dem Thema „Amoklauf“ zu nähern. Und zwar durch Bilder von Tätern. Zu dieser Zeit wollte ich sowieso Porträts malen und da war das ein guter Anlass.image2

Wie bist du genau vorgegangen? Ich begann im Internet zu recherchieren, wann man denn eigentlich das erste Mal einen Amoklauf geschichtlich festgehalten hat. Und ich bin auf das Jahr 1927 gestossen. Ich fand ein altes Foto. Damals hat wer ein ganzes Schulhaus in die Luft gesprengt. Ich war völlig schockiert von der Erkenntnis, dass Amoklaufen also kein neues Phänomen ist. Ich habe auch bei Psychologen recherchiert. Anscheinend gibt es da gewisse Zusammenhänge zwischen solchen Taten und beispielsweise Gemobbt-Werden, der Verabreichung bestimmter Psychopharmaka an jugendliche Täter oder den sogenannten „egoshooter games“.  Aber sicher ist es sehr schwierig, da Kausalitäten herzustellen und man muss sehr vorsichtig damit sein.

Abschliessend wüsste ich noch gerne, wie die konkrete Serie entstanden ist. Ich malte Fotos der Amokläufer ab. 25 Stück. Es waren liebe Fotos. Ganz harmlos. Die meisten der Täter waren Jungs, noch richtige Kinder. Manche waren gerade mal elf oder 14 Jahre alt. Diese Einsicht war unheimlich und erschütternd und hat auch mein Malen begleitet. Aber ich denke, dass spürt man als Betrachter der Serie auch. Ich hoffe es zumindest. Denn ich wollte damit aufrütteln. Ich wollte die Bilder ausstellen und den Menschen sagen: „ Vergesst nicht immer so schnell.“

Rik, vielen Dank für die Zeit, die du dir für dieses Interview genommen hast.

 

Anmerkung von „Der Puck“: Rik hat mir noch viel, viel mehr Lesenswertes berichtet. Leider sprengt das aber den Rahmen eines Blogs. Seine Holzarbeiten beispielsweise kommen hier gar nicht zur Sprache, was sehr schade ist. Wer mehr wissen will, sollte sich auf seiner Website informieren. Oder bei den Galerien, die Rik Beemsterboer in St.Gallen, Zürich und Altendorf vertreten.

„Melonenstrasse“ – Bilder gehen spazieren

Wer Lust auf eine Vernissage der etwas anderen Art hat, sollte sich keinesfalls die Gruppenausstellung „Melonenstrasse“ entgehen lassen. Denn hier gibt’s für einmal die Chance, den Künstler bereits beim Transport seines Werkes hin zum Ausstellungsort zu begleiten. Besammlung für den „Werktransport“ ist am 11. November um 18 h auf dem „Roten Platz“ in St. Gallen. Dann geht’s weiter zur Sattelkammer an der Teufenerstrasse 45, dem eigentlichen Ausstellungort. Dort werden die Arbeiten platziert und mit einer offiziellen Vernissage ab 19 h der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Ich hatte Gelegenheit, mit den Initianten der „Melonenstrasse“ zu reden: Den Vorständen des Dachateliers – Harlis Schweizer (künstlerische Leitung),  Dominik Rüegg (Events) und Brigitte Keller (Events) – sowie mit Karin Locher (Geschäftsstelle) und Fabienne Lussmann (Künstlerin). Sie erzählten von ihrem Ausstellungskonzept. Und hier sind die Antworten – voilà.

 Wie seid ihr auf die Projektidee einer „Wandersaustellung“ gekommen.

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Arbeit von Fabienne Lussmann

Jeder Künstler musste schon mal mit den öffentlichen Verkehrsmitteln irgendeines oder auch mehrere seiner Werke zu einem Ausstellungsraum transportieren. Oft wird man in solchen Situationen dann von Passanten angesprochen, weil man eben ein Gemälde unter dem Arm klemmen hat. So ergeben sich spannende Unterhaltungen. Wir dachten uns also: Diesmal beginnt die Ausstellung für das Publikum nicht erst dann, wenn jedes Bild an der Wand hängt. Sondern bereits eine Stufe früher – nämlich während des Transports.

Ausserdem steckt auch der Gedanke des gegenseitigen Unterstützens und Netzwerkens zwischen Kunstschaffenden mit drin. Das letzte Stückchen, bevor man an die Öffentlichkeit geht, bewältigen wir diesmal gemeinsam.

Wieso eigentlich der Titel „Melonenstrasse“?

Die Bushaltestelle unterhalb des Dachateliers heisst so. Und wir stellen ja in der Sattelkammer aus, die zum Dachatelier dazu gehört. Da hat sich das angeboten.

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Arbeit von Dominik Rüegg

Schon Museen und Galerien haben Probleme damit, Besucher anzulocken. Meint ihr, es gelingt mit diesem ungewöhnlichen Ausstellungskonzept besser?

Uns geht es – okay, das klingt jetzt irgendwie schräg – nur teilweise um das Publikum. Ebenso wichtig für diese Projekt ist uns auch die Zusammenarbeit unter den Künstlern und was daraus weiter entsteht. Wir haben gar nicht den Ansatz, möglichst viel Publikum anzulocken.

Zudem hoffen wir natürlich auch auf die Neugierigen, die zufällig vorbei kommen und dann einfach stehen bleiben und sich darauf einlassen.

Wie seid ihr an die Künstler gekommen, die hier mitmachen?

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Arbeit von Claudia Züllig

Wir haben die angefragt. Und zwar ziemlich querbeet. Wir wollten Teilnehmer, die wir kennen und deren Arbeit wir schätzen. Aus unterschiedlichen Stilrichtungen und Altersklassen. Wer mitmachen wollte, konnte. Erstaunlicherweise gab es auch fast keine Absagen.

Ausserdem kuratieren wir die Ausstellung nicht. Wir vertrauen den Mitwirkenden, dass jeder schon das richtige Gespür haben wird, welches Werk er zeigt.

Am „roten Platz“ stehen ja die Künstler neben ihren Arbeiten. Als lebendiges „Aushängeschild“ sozusagen. Fürchtet ihr nicht, die Besucher begucken dann eher die Künstler und reden mit ihnen, als dass sie die Arbeiten anschauen?

Die Leute sind oft dankbar, wenn es quasi wie einen Vermittler gibt, der ihnen was zu einem Bild erzählt: Hier ist es idealerweise sogar der Schöpfer der Arbeit selbst. Wir denken nicht, dass das Kunstwerk an Bedeutung verliert. Vielmehr rechnen wir damit, dass man leichter Zugang zum Werk bekommt, wenn man mit einem Menschen drüber reden kann. Und so weniger Berührungsängste hat.

 

Herzlichen Dank für das Gespräch!

 

Mitwirkende Kunstschaffende: Leo Braun, Peter Dew, Adrian Bünzli, Fabienne Lussmann, Harlis Schweizer, Brigitte Keller, Marcel Winter, Nilo Stilhard, Bobby Moor, Daryl Schiltknecht, Claudia Züllig, Tom Schildknecht, Rahel Flückiger, Anabel Schmid, Stefan Schöbi, Dominik Rüegg, Domenic Lang, Annina Thomann, Stéphane Schweizer, Simon Hauser

Die Veranstaltungsdaten:

11. November
ab 18.00: Wanderausstellung – Treffpunkt Roter Platz (Raiffeisen) um 18.00 Uhr
19.00-22.00: Vernissage mit Ansprache Daniela Mittelholzer, Barbetrieb

12. November
19.00-22.00: Ausstellung offen (Barbetrieb)

13. November
19.00-22.00: Finissage, Sprechperformance mit Kawa, Apéro riche, Barbetrieb

Sattelkammer Dachatelier, Teufenerstrasse 75, 9000 St.Gallen

 

Und hier gehts zur Website des Dachatelier und zum PDF mit Infos zum dachatelier

Lesen?Lesen! „Löwen wecken“

Ayelet Gundar-Goshen erster Roman „Eine Nacht, Markowitz“ erhielt viel Lob und wurde mit dem Sapir-Preis als bestes israelisches Debut ausgezeichnet. Nun legt die junge israelische Schriftstellerin und Psychologin mit ihrem zweiten Roman „Löwen wecken“ ein Werk vor, das an Brisanz, Tiefgang und Spannung die Leserschaft umtreibt.

Worum es geht

-Der Neurochirurg Etan Grien beschuldigt seinen ihm vorgesetzten Kollegen der Korruption, was zur Folge hat, dass Grien in die Wüste, nach Beer Schewa „zwangsversetzt“ wird.

Hier erlebt er eines Nachts etwas vom Grauenvollsten, was einem Menschen im Leben widerfahren kann. Er überfährt einen illegal eingewanderten Eritreer. Grien sieht schnell, dass nichts mehr zu machen ist, fährt davon und lässt den Sterbenden am Strassenrand liegen. Am folgenden Tag steht eine grosse, schöne Frau an seiner Tür und bringt ihm seine Brieftasche zurück. Diese hat er am Ort, wo er ihren Mann überfahren hat, liegengelassen. Grien bietet ihr Schweigegeld an. Aber die Frau verlangt von ihm, dass er jede Nacht nach der Arbeit im Krankenhaus illegale Einwanderer in einer primitiven Garage behandelt. Grien bleibt nichts anderes übrig, als diese Forderung zu erfüllen, die ihn bald an seine psychischen und physischen Grenzen bringt. Vor allem aber auch gerät er in schrecklichen Beweisnotstand gegenüber seinem Arbeitgeber und seiner Familie.  Dazu kommt, dass Griens Frau als Kriminalbeamtin auf den Fahrerflucht-Fall angesetzt wird. Nachdem auch mit Israel in Disharmonie  lebende Beduinen als Täter verdächtigt werden, gerät Etan Grien immer tiefer in den Abgrund…

BuchLoewenwecken

Der Wert eines Menschenlebens

Das Buch bewegt zutiefst und stellt Fragen: Wie viel Wert ist ein Menschenleben? Ist das Leben eines illegalen Einwanderers, eines Flüchtlings weniger wert als andere Leben? Und schliesslich: Wie hätte ich in einer solchen Situation gehandelt?

Empfohlen wurde „Löwen wecken“ von Ines Welte, Bücher-Insel, St. Gallen

 

Das Buch:

Ayelet Gundar-Goshen – Löwen wecken. (Aus dem Hebräischen von Ruth Achlama)

Verlag KEIN & ABER, 2015, ISBN: 978-3-0369-5714-2

Und für die, die noch mehr Informationen wollen: Hier geht es zum Interview mit der Autorin auf der Website von KEIN & ABER über ihr Löwen wecken