Kunst und ihre Preisgestaltung

Es passiert mir regelmässig, dass ich über die Preise staune, die – etwa auf Vernissagen – für Kunst verlangt werden. Gerade, wenn der ausstellende Künstler noch relativ unbekannt ist. Dann kann ich oft kaum nachvollziehen, wie diese Preise eigentlich zustande kommen. Was mir aber auch klar ist: Sogar die Künstler sind oft unsicher und fragen sich: „Welchen Preis darf ich eigentlich für meine Kunst verlangen?“ Denn anders als in der Wirtschaft, wo bei ähnlichen Produkten zum Beispiel Material- und Planungskosten verglichen werden können, ist das bei Kunst nicht möglich. Um für mich mal etwas Licht ins Dunkel zu bringen, habe ich nach Informationen über die Preisgestaltung für Kunst gesucht. Was ich gefunden habe und was mir davon spannend scheint, fasse ich hier zusammen. Etwas für Künstler, die sich unsicher mit ihren Preisen fühlen. Und für Käufer, die sich keinen Reim auf die Preisgestaltung machen können…

Viele machen Preise nach reinem Bauchgefühl. Das ist aber heikel. Denn schnell kann das Bauchgefühl eine Bauchlandung nach sich ziehen. Weil:

Gedanke (1): Grundsätzlich kann man sagen: Sobald ein Preis einmal festgelegt wurde, kann er, verständlicherweise, eigentlich immer nur nach oben korrigiert werden. Eine Absenkung lässt sich fast nie stimmig begründen. Denn womit will man einem Käufer auch erklären, dass ein Werk über Jahre hinweg nicht nur NICHT im Wert gestiegen ist, sondern sogar an Wert verloren hat. Na?

Gedanke (2): Dem Käufer, dem sowas passiert, geht zu Recht das Vertrauen verloren und er wird sich hintergangen fühlen. Denn immerhin hat er einst viel Geld für ein Werk hingeblättert. Und nun erkennt er, dass der gezahlte Betrag wohl nicht der Marktsituation entsprochen hat. Der verkaufende Künstler steht im schlimmsten Fall als Betrüger da.

Kunst in Schubladen gesperrt

Vor etlichen Jahren schon hat die Branche erkannt, wie schwierig es ist, halbwegs nachvollziehbare Preise für Kunst festzulegen. Aus der Not dieser Erkenntnis heraus, wurde gehandelt. Ein „Kunstkompass“ als weltweites Bewertungssystem wurde ins Leben gerufen. Der Kompass sollte durch Punkte-Verteilen nun dabei helfen, Künstler_inn_en zu klassifizieren und so deren Marktwert exakt zu bestimmen. Jährlich werden die 100 gewichtigsten Kunstschaffenden so ermittelt. Veröffentlicht wurden die Ergebnisse über Jahrzehnte hinweg in den Zeitschriften Capital und manager magazin. Seit April 2015 erscheint der Kompass neu beim Magazin Weltkunst.

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Das Prinzip ist einfach: Künstler_inn_en, die die meisten Punkte einheimsen, können so (zumindest theoretisch) auch die höchsten Preise am Markt verlangen. Berücksichtigt werden u.a. an welchen wichtigen Ausstellungen (documenta, Biennale usw.) ein Kunstschaffender teilgenommen hat. Auch die Mitwirkung an wichtigen Gruppenausstellungen fällt ins Gewicht oder ob es Rezensionen in bedeutenden Kunstmagazinen gab. Überdies zählt als Pluspunkt natürlich auch, ob Werke von einflussreichen Museen angekauft wurden – oder eben nicht…

Gedanke (3): Ich kann mich der allgemeinen Meinung nur anschliessen: Dieses System ist eine sinnvolle Sache, um die Marktsituation eines Künstlers zu bewerten. Tatsächlich ist ja der, der viel ausstellt und oft Eingang in die Medien findet, ein gefragter Mann oder eben eine gefragte Frau. Über die tatsächliche künstlerische Qualität, das Mass an Ästhetik oder auch den intellektuellen Gehalt einer Arbeit kann dieses System jedoch trotz aller Bemühungen keine Auskunft geben.

Wichtig: kritische Selbsteinschätzung

Gedanke (4): Trotzdem ist es gut, sich als Kunstschaffender mit diesem System zu befassen. Und mit den Gedanken, die dahinter stecken. Man bekommt so nämlich ein bisschen Gespür dafür, wie der Kunstmarkt tickt. Zudem kann man sich ein Bild davon machen, was mittel- und langfristig alles von einem erwartet wird.

Gedanke (5): Vielleicht ist dieses System überdies eine gute Sache für Leute, die noch wenig Erfahrung damit haben, Preise für ihre Werke zu definieren. Denn auch wenn Händler und Galeristen gute Ratgeber sein könne, ist es nie schlecht, ernsthafte eigene Überlegungen zu seinem Marktwert anzustellen.

Preisgestaltung für Kunst – Die Rechenformel

Hier nun der Vollständigkeit halber noch eine abschliessende Sache: Fast jeder Kunstschaffende weiss, nach welchen Formeln und Multiplikationsfaktoren die Verkaufspreise für Kunst berechnet werden. Hier dennoch ein Beispiel: Angenommen, ein Gemälde eines bestimmten Malers hat die Masse 100 cm x 200 cm und der Künstler verlangt dafür 12’000 CHF. Dann kann ein einfacher Faktor berechnet werden. Nämlich: Höhe des Bildes in Zentimetern PLUS Breite des Bildes in Zentimetern mit 40 multipliziert GLEICH 12’000 CHF. Wendet man nun die gleiche Rechnung auf ein Bild mit den Massen 100 cm x 80 cm an heisst das: 100 cm Höhe PLUS 80 cm Breite mit 40 multipliziert ergibt 7’200 CHF.

(Aber ACHTUNG: Die „40“ ist nur Beispiel für einen persönlichen Multiplikator. Ein anderer Kunstschaffender kann den Multiplikator „15“ oder „50“ für sich ansetzen. Wie hoch der Multiplikator angesetzt wird, hängt tatsächlich von Popularität, Nachfrage… eben den Kriterien des oben beschriebenen „Kompasses“ ab.)

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Durch die Rechnung mit dem Multiplikator ist es immerhin möglich, für jeden Künstler und für jede noch so unterschiedliche Technik einen Faktor zu ermitteln. Und dieser kann dann für die Arbeiten dieses einen Künstler verwendet werde. Damit werden zumindest mal die Werke einer Einzelperson untereinander vergleichbar.
Wer sich noch an anderer Stelle im Netz hinsichtlich der Preisgestaltung für Kunst umgucken will, findet hier gute Infos: Preisrechner sowie unter Kunst Mentoring

Und wer neugierig auf das erwähnte System, den „Kunstkompass“ geworden ist, kann hier noch vertiefte Informationen nachlesen: Kunstdunst

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