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Karl Fürer, St.Gallen (SG)

Das sagt Karl A. Fürer über sich: Im Januar 1946 auf diesem Planeten erwacht, mich umgeschaut und eingetastet. Mit 18 Jahren über die Berufslehre (Gestalter), über Freunde und Bekannte, vertiefte Begegnungen mit der Welt der Kunst, Malerei, Bildhauerei, Literatur, Poesie, Musik, Psychologie und Philosophie. Wunderbare Welt die feinstofflichen Welten hinter der Welt. Ich bin fasziniert, neugierig, und komme davon nicht mehr los. Was gibt es spannenderes, so ist das Leben Abenteuer, Geheimnis und unendlich tief. Künstlerische Arbeit wird Weggefährte und Reisebegleiter. Seit 1971 Ausstellungen und Arbeiten im öffentlichen Raum. Seit 1975 verschiedene Lehraufträge an der Schule für Gestaltung vertiefen die Begegnungen mit der Kunst und  Poesie.

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Und das sagt er über sein Arbeiten:  Malen und Zeichnen ist Werkzeug, um in der Welt unterwegs zu sein, ein Instrument um meine Sinne zu verfeinern, tiefer zu schauen, zu hören und über- und nachzudenken. Meine Malereien sind Lieder, Gesänge, Tänze, für einen Moment erstarrte Musik, mein Atelier ist Laboratorium.

Mehr zum Künstler auf seiner Website und in diesem Zeitungsbericht

Ende Februar hat Karl Fürer übrigens im Architekturform St. Gallen ausgestellt. Hier das gesamte Jahresprogramm Lagerhaus 2016

Es blühe die Zeichnung!!!

Gruppenausstellungen sind ja eigentlich nicht so meins. Denn je mehr Leute auf einem Haufen ausstellen, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine schwächere „Position“ dabei ist – und die macht dann nicht selten was Schräges aus einer eigentlich runden Sache. Umso freudiger macht mich daher die aktuelle Ausstellung im St.Galler Nextex. Sie heisst „Aufblühende Attacken“. In ihr zeigen vier vollkommen unterschiedliche, aber gleichstarke Kunstschaffende ihr zeichnerisches Können. Und zwar in Form witziger und anregender Bilder-Geschichten und Geschichten-Bilder. Nix wie hin!

Bilder-Geschichten oder Geschichten als Bilder lieben die Menschen ja schon immer. Die alten Ägypter nicht weniger als die Menschen des Mittelalters, die sich von den Glasfenstern in Kirchen ihre Bibelbotschaften ablinsen mussten. Und diese Lust am Bilder-Schauen hält an. Eine Welt ohne Asterix und Obelix, über Mangas bis hin zu den experimentellen Graphic Novells ist überhaupt nicht vorstellbar. Und dazwischen liegt natürlich noch vieles andere.

Zeichnung anno 2016

Einen kleinen aber spannenden Einblick, wie Bilder-Geschichten im Jahr 2016 daher kommen, liefert die Ausstellung „Aufblühende Attacken“. In ihr zeigen Hannah Raschle, Kai Pfeiffer, Julia Marti und Vanja Hutter auf ganz unterschiedliche Weise, wie Geschichten heute auf zeichnerischem Wege erzählt werden können: Mal in Form von mehrteiligen Bildabfolgen. Dann als einzelne Blätter. Dort mit ganz zarter Strichführung, an anderer Stelle mit knalligsten Farben und Umrissen… und einmal sogar als Papier-Installation am Boden.Und immer nur mit so wenig Worten wie möglich. Diese dann aber pointiert und nicht selten zum Schmunzeln.

Vanja Hutter und Kai Pfeiffer zeigen Arbeiten mit feinster Strichführung und man muss schon ganz nah herangehen, um zu erkennen, was dem Betrachter da eigentlich geboten wird. Eine Zeichnung Pfeiffers sieht aus der Ferne aus, als sei da ein bisschen schwarzer Sprühnebel auf einem Blatt gelandet. Erst beim nahen Herantreten, lösen sich die zarten Pünktchen voneinander und geben ihre Geschichte preis.

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Kai Pfeiffer

Hutter geht sogar noch einen Schritt weiter: Ihre Arbeiten sind zweigeteilt. Blatt im Kuvert – so präsentiert sie, was sie vermitteln will. Ihre in Hüllen mit Adressat versehenen „Briefbotschaften“ offenbaren erst dann ihren Witz, wenn man sich klar macht, wer denn tatsächlich der Empfänger ist.

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Vanja Hutter – Was sich im Kuvert versteckt? Selber gucken gehen!

Den Gegenpol hierzu, mit bunten und regelrecht harten Linien, setzen die Arbeiten Hannah Raschles und Julia Martis. Raschle bespielt einen kleinen Raum als Solistin: Mit farbstarken und irritierenden Geschichten lässt sie den Besucher in eine unwirkliche Welt voll absonderlicher Gestalten abtauchen. Und steigert das Gefühl des Irrealen noch durch die von ihr gewählte Beleuchtung.

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Hannah Raschle

Julia Marti ist mit zwei verschiedenen Arbeiten vertreten: Grafische Werke an der Wand – und einer Bildergeschichte am Boden. Klasse finde ich hier, wie sie gerade bei der Bodenarbeit der Zweidimensionalität der Zeichnung ein Schnippchen schlägt. Dies tut sie, indem sie die einzelnen Bildelemente gestaffelt auf Nadeln voreinander aufspiesst – und trotzdem durch Farben und Formen Elemente, die man aus Comix und von Plakaten her kennt, beibehält.

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Julia Marti

 

Der Weisheit letzter Schluss: Wer sich für Zeichnung interessiert, sollte sich diese Ausstellung keinesfalls entgehen lassen. Geöffnet ist sie noch bis 28. April. Immer dienstags und donnerstags von 13 – 16 h und an Donnerstagen auch beim Hinter-der-Bar-Betrieb von 19 – 22h.

Nextex, Blumenbergplatz 3, 9000 St.Gallen – Programm Aufbluehende Attacken

Johanna Klasing, St. Gallen (SG)

Wer Johanna Klasing ist: geboren am 11. November 1956 lebt und arbeitet die Künstlerin heute in St. Gallen. Sie ist freischaffende Schriftstellerin und bildnerisch tätig. Mehr zu Johanna Klasing hier

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Zum Werk: Klip-Klap ; zeigt verschiedene Perspektiven eines Vorganges, den des Schaukelns. In einer seriellen Abfolge einzelner Bilder wird so die Bewegung zeichnerisch sichtbar gemacht. Dabei wird ohne Absicht die Empfindung von Raum neu definiert.

 

Wenn die Hand das Denken weiterführt

«Das Denken unterbrechen. Eine Ausstellung über Zeichnungen, Notizen und Ideenskizzen»  eröffnet am kommenden Sonntag, 22. November um 16 h in der Kunstbibliothek des Sitterwerks. Auch wenn ich noch nichts davon gesehen habe, bin ich sicher, dass diese Ausstellung sich lohnt. Und als  absoluter Fan der Kunstgiesserei und der Kunstbibliothek werde ich sie bestimmt nicht verpassen.

Und das sagen die Macher selbst darüber: „Die Ausstellung «Das Denken unterbrechen» vereint ein gemeinsames Element der Stiftung Sitterwerk und der Kunstgiesserei St. Gallen: Das Skizzieren und Zeichnen als der Moment, in dem die Hand das Denken weiterführt.

Aus beiden Institutionen kommen Beiträge zusammen, die mit Positionen von Architekten, Gestaltern und Künstlern aus dem In- und Ausland kombiniert werden. Der heimliche Star der Ausstellung ist die Werk- oder Konstruktionsskizze, die flüchtige Zeichnung, die dann zum Einsatz kommt, wenn eine gestalterische Aufgabe im Kopf nicht gelöst werden kann – die Hand und der Bleistift übernehmen und bringen die Gedanken aufs Papier.“

 

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Eröffnung
Sonntag, 22. November 2015, 16 bis 19 Uhr
mit Buchvernissage von Mathew Kneebone, Mechanical Systems Drawing Vol. 2
Begrüssung um 17 Uhr, im Anschluss Suppe und Getränke

Finissage
Sonntag, 14. Februar 2016, 14 bis 17 Uhr
mit einer Intervention von Monika Bartholomé und dem Museum für Zeichnung

 

Mehr zur Ausstellung Das Denken unterbrechen

ein modell ist kein ausgestopfter fuchs

Kleider runter, stillstehen, Geld verdienen? Klingt toll und eigentlich ganz einfach. Zumindest, wenn man gerne die Hüllen fallen lässt und nicht schnell friert… Oder gibt’s noch mehr, was es zum Beruf des „Akt-Modells“ zu sagen gibt? Ich habe einmal nachgefragt: bei Liliana Koller, Jahrgang 1988, berufstätige Sozialpädagogin und  Aktmodell im Nebenjob. Und bei Claudia Züllig, Aktzeichnerin und Lehrerin an der Schule für Gestaltung. In welchem Fach wohl? Na klar!

Liliana, du hast „Soziale Arbeit“ studiert, bist in diesem Berufsfeld auch seit letztem Jahr berufstätig und arbeitest nebenbei als Aktmodell. L:  Ja, das ist irgendwie lustig. Aber es scheint in der Familie zu liegen. Ich habe noch vier Schwestern, die auch schon alle Modell standen – meine Mutter übrigens auch.

Wie bist du an den Job gekommen und was gefällt dir daran?  L: Ich bin vor 7 Jahren über eine meine Schwestern dazu gekommen. Angefangen habe ich dann, weil mich als Studentin einerseits der finanzielle Aspekt gelockt hat. Andererseits fand ich aber auch den Kontakt zu den Kunstschaffenden klasse. Ich hatte vorher schon die gestalterische Maturität gemacht und war von Kunst fasziniert.

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Liliana als sitzender Akt. Gezeichnet von Claudia.

Claudia, du bist eine dieser Kunstschaffenden. Während des Zeichnens bist du „auf der anderen Seite“, sezierst Liliana praktisch mit Blicken. Wie fühlt sich das an? C: Ich empfinde das Aktzeichnen gar nicht als „sezierend“. Es ist für mich etwas Prüfendes. Ein Bezugnehmen auf eine Form, oder eher noch: eine Gegenform. Das Modell ist sowas wie eine beseelte Landschaft. Das ist stimulierend. Ich empfinde Aktzeichnen als belebend, weil ich mich da total fokussiere und den Kopf von allem anderen frei mache.

 Aktzeichnen ist Teamwork zwischen Zeichner und Modell

Liliana, dir geht es in diesem Moment des Gezeichnet-Werdens doch sicher anders? Oder? L: Der Blick der Zeichnenden hat mich nie gestört. Ich habe ein gutes Körpergefühl und mir war es auch nie unangenehm, angeschaut zu werden, wenn ich nackt bin. Am Anfang dachte ich zwar noch, ich muss mich verrenken, damit die Pose gut aussieht. Ziemlich bald habe ich aber gemerkt, dass ich mich wohl fühlen muss, damit was Gutes rauskommen kann.  Und ich darf mich sogar mal bewegen, hab ich gemerkt und muss nicht stocksteif dastehen.

Das tönt kinderleicht, wenn Liliana erzählt, wie man Modell steht. Wie siehst du das als Lehrerin, Claudia? Ist es so einfach?  C: (lacht): Nein, das ist es sicher nicht. Ein gutes  Modell muss bei sich sein. „Anwesenheit“ ist das Zauberwort. Es funktioniert nicht, wenn eine Person einfach nur da ist. Auch wichtig: Ein erfahrenes Modell muss sich so geben, dass es für das Modell persönlich stimmt. Dazu gehören ein zufriedenes Körpergefühl und eine gute Körperspannung. Dann passt es auch für den Betrachter. Ich habe schon oft gemerkt, dass Personen, die im Alltag mit ihrem Körper „schaffen –  z.B. Physiotherapeuten, Tänzer, Schauspieler – leichter Modell-Stehen als andere.

L: Du machst es einem aber auch leicht. Du hast so eine offene und herzliche Art. Und dir ist es wichtig, dass es die Modelle gut haben. Dass es bequem ist, es Musik hat, die Posen nicht zu lange sind. Ausserdem gibst du Rückmeldungen, wenn was gut ist – und auch, wenn was mal nicht so stimmig ist. Damit hilfst du deinen Modellen.

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Ein Blick in den Zeichen-Saal der GBS St.Gallen.

Ein Modell ist was anderes als ein ausgestopfter Fuchs

Musik, eine bequeme Unterlage – reicht das, damit etwas Gutes zwischen Modell und Zeichner entsteht? C: Schön wär‘s. Aber nein, es reicht nicht. Was es auf alle Fälle auch braucht: Vertrauen, Entspannung, gegenseitiges Interesse und – besonders wichtig – Respekt. Der Zeichnende muss sich bewusst sein, dass es ein Geschenk des Modells ist, wenn es sich zeichnen lässt und derart exponiert. Aus dem Grund gebe ich meinen Schülern feste Regeln für das Verhalten im Zeichensaal vor. Es ist nämlich ein Unterschied, ob ein Modell kommt oder man einen ausgestopften Fuchs zeichnet. Bei mir müssen die „Youngsters“ – also die Auszubildenden im Vorkurs –  erst mal 10 Minuten selber in Kleidung Modell stehen. Dann wissen sie, wie sich sowas anfühlt und wie anstrengend es ist.

Liliana, tönt ganz so, als ob du es noch eine Weile bei Claudia aushalten wirst. L: Ganz sicher. Auch wenn ich wegen meiner Berufstätigkeit nicht mehr so viel Zeit habe wie früher, um diesen spannenden Nebenjob zu machen. Aber solange ich noch das Gefühl habe, dass es Menschen Spass macht, mich zu zeichnen, stehe ich Modell. Und hin und wieder schenkt mir einer der Zeichnenden auch eines der Bilder, die er von mir gefertigt hat. Das berührt mich dann immer wieder sehr.

Liebe Liliana, liebe Claudia, herzlichen Dank für das Gespräch!

 

Wer sich selber einmal im (Akt-)-Zeichnen erproben möchte findet hier Kurse an der GBS St.Gallen