Mode und Kunst auf Tuchfühlung
‚Fashionistas‘ oder ‚Haute Couture‘ sind Begriffe, die ich irgendwie kribblig finde, die aber nicht so richtig in meine Welt gehören. Trotzdem habe ich mich am vergangenen Wochenende mal damit befasst. Und zwar beim ersten Blick in die jüngste Sonderausstellung im Forum Würth in Rorschach. Unter dem Titel«WERKE AUS DER SWISS TEXTILE COLLECTION UND SAMMLUNG WÜRTH IM DIALOG» können Mode-Junkies, Textil-Freaks aber auch Skulptur-Liebhaber spannende Eindrücke einfangen aus 50 Jahren Couture-Geschichte.
Ausgangspunkt für diese Ausstellung ist der Kleider-Nachlass der Schweizer Industriellen-Gattin Eva Hatschek. Sie hat zwischen 1940 und 1990 eine unglaubliche Vielzahl an Kleidern anfertigen lassen – allesamt aus Schweizer Stoffen – und keines der Kleidungsstücke je entsorgt. Aus diesem mords Fundus haben die Macher in Rorschach nun einige Stücke zusammengestellt.
Ich habe weder von Textil-Design, Schneiderhandwerk oder den Laufstegen dieses Planeten irgendeine Ahnung. Doch auch ohne Fachwissen dazu kann ich sagen: Es macht dort einfach Spass, sich zwischen den ausgestellten Kleidern zu bewegen. Vor allem, weil man recht viel entdecken kann, was Mode mit bildender Kunst – Malerei und Skulptur- verbindet.
freischwebend
Ein paar Sachen, die mir besonders gefallen haben: Vorgeführt werden sehr viele Stücke, übrigens ausnahmslos Kleider (mal festlich, mal leger, mal mit Blumenmustern, mal aus Stickereien) freischwebend – oder immerhin auf sehr filigranen Metallkleiderständern. Oft sind es Dreier-Kombis, die da in Aluminium-Rahmen herunterbaumeln und einen sehr spielerischen, luftigen Eindruck vermitteln. Toll, dass hier auf eine Präsentation auf traditionalle Schneiderpuppen verzichtet wird. Denn die wirken ja oft richtig spooky.
Tatsächlich haben die Kleider damit zum einen die Leichtigkeit von Mobilés bekommen. Und zugleich gab es die Möglichkeit, um sie herum zu gehen und sie – wie bei allen gute Präsentationen von Dreidimensionalem – in Rundum-Betrachtung aufnehmen zu können.
skulptural
Etwas anderes, das ich klasse fand, war, dass mich diese „Kleider-Schau“ beinahe an Skulpturen-Ausstellungen erinnert hat. In solchen gefällt mir immer gut, mir nicht nur Formen, sondern vor allem auch die Oberflächen-Behandlung und -Wirkung genau anzuschauen. Was passiert mit einfallendem Licht? Spiegelt es sich oder wird es einfach verschluckt? Schimmert da was, scheint etwas rau oder zart? Verlockt eine Oberfläche dazu, sie anfassen zu wollen oder will man doch lieber die Finger davon lassen?
zwiegesprächig
Last but not least – und das betonen die Kuratoren auch – wollte man einen Dialog zwischen den Kleidungsstücken und der bildenden Kunst aus den entsprechenden Jahren anstossen. Der Versuch ist recht gut gelungen, wie ich meine. Wenn ich mir (als Kunsthistorikerin) vielleicht sogar noch mehr von dieser bildenden Kunst gewünscht hätte. In der Ausstellung wird auf alle Fälle sichtbar, dass sowohl Modemacher wie auch Kunstschaffende sich gegenseitig im Blick hatten: Da stehen dann zum Beispiel ein Kleid mit Blumenstickerei von Jean Louis Scherrer einem formal sehr ähnlichen Andy-Warhol-Werk mit „Flowers“ gegenüber.
Mein Fazit: Ein Ausflug nach Rorschach lohnt sich. Besonders dann, wenn man an einer Führung durch diese Textil- Ausstellung teilnimmt und vielleicht auch noch den Skulpturengarten „mitnimmt“.
Auf alle Fälle fand ich es spannend zu erleben, dass Kunst und Mode doch viel mehr Berührungspunkte haben, als ich das zuvor gedacht hätte. Macht euch doch einfach selbst ein Bild.
Öffnungszeiten
1. April – 30. September: 10 – 18 Uhr (täglich)
1. Oktober – 31. März: 11 – 17 Uhr (montags geschlossen)
Geschlossen an Heiligabend, Weihnachtstag und Silvester.
Der Eintritt ist gratis
Das Forum Würth Rorschach ist direkt gegenüber dem Hauptbahnhof Rorschach am Bodensee-Radweg gelegen. Öffentliche Parkmöglichkeiten sind in unmittelbarer Nähe am Strandbad und am Kurplatz vorhanden.
Auf dem Flyer zur Ausstellung finden sich zusätzliche Infos.