Schöne Ausstellungen, spannende Aufführungen, interessante Kunstschaffende und noch mehr

birgit widmer zeigt „real and imagined“ (ar)

Unter dem Titel „real and imagined“ gibt es ab dem 25. September wunderschöne Skulpturen von Birgit Widmer zu sehen. Ausstellungsort ist das Appenzeller Volkskunde Museum Stein (AR). Am besten, man nutzt gleich die Gelegenheit und geht morgen auf die Vernissage ab 19 h. Wer jetzt keine Zeit hat, muss aber nicht traurig sein. Die Ausstellung läuft nämlich bis 28. Februar 2016.

 

Das Tolle an Birgit Widmers Holzskulpturen ist, wie ich finde, ihre Oberflächenbehandlung. Ihre Arbeiten sind nicht momumental, sondern klein und fein. Mit (wie es scheint) wenigen gekonnten Eingriffen am Holz arbeitet sie das Wesentliche ihrer Motive heraus. Der Ausdruck, der so entsteht, ist grandios. Gerade, weil dem Betrachter noch die Freiheit bleibt, sich Details hinzuzudenken. Alles in allem sind Ihre Arbeiten über die Masse lebendig. Klasse.

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Birgit Widmer ist 1964 in Flawil geboren. Nach dem Besuch der Schule für Gestaltung in St. Gallen arbeitete sie im Atelier in Bühler. Längere Aufenthalte führten sie nach Algerien und Finnland. Seit 1991 lebt und arbeitet sie in Gais. Birgit Widmer ist im Vorstand der Visarte Ost, welche jungen Kunstschaffenden im St. Galler Projektraum Nextex eine Aussstellungs- und Diskussionsplattform bietet. Im Rahmen eines Artist in Residence-Stipendiums des Kantons AR hat sie 2013 eine Zeit lang in Varkaus/Finnland verbracht. Dort hat sie sich stark dem Studium der Bildhauerei gewidmet sowie Projekte in einer Papierfabrik realisierte.

Worüber man nicht sprechen kann, darüber soll man zeichnen. (Birgit Widmer)

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Die Kuratoren der Ausstellung beschreiben Widmers Schaffen so: „Birgit Widmer ist bekannt für ihre feinsinnigen Zeichnungen und modellhaften Skulpturen. … das Spontane und Intime, wie es der Zeichnung eignet, möchte Birgit Widmer auf die Skulptur übertragen. Und so entwickelte sie ihr Konzept der Miniaturdarstellung. Es ist eine stille Welt, die uns die Künstlerin vor die Augen führt.“

 Website Birgit Widmer und zum Appenzeller Museum

 

„young artists on campus“ an der hsg (sg)

Jeder der in der Region lebt, hat schon von ihr gehört: Von der HSG St. Gallen. Was dennoch die wenigsten wissen ist, dass dort auch Werke weltbekannter Künstler ein Zuhause haben. Diese „Wissenslücke“ will die HSG nun schliessen.  Der Anlass „Intervention – Young Artists on Campus“ bietet vom 28.9. bis 2.10. Workshops, Gespräche und Führungen mit jungen Kunstschaffenden, die helfen, sich an das Thema „Kunst“ heranzutasten. Eine tolle Chance für Studierende, Dozierende und Bevölkerung, „ihre“ HSG mal ganz anders kennen zu lernen.

 

Christina Lüthy, Projektleiterin von „Young Artists“, hat ein bisschen über ihre Idee erzählt.

Wie kam es zu der Idee, eine derartige Veranstaltung durchzuführen? Wieso „Neulinge“ an Bord holen, wo doch internationale „Superstars“ in der Sammlung der HSG zu finden sind und man mit diesen grossen Namen auch Publikum anlocken kann? Christina Lüthy:  Die Idee für  die Intervention kam, weil die Kunst an der HSG in unseren Augen in der Öffentlichkeit aber auch bei den Studierenden zu wenig wahrgenommen wird. Wir wollten temporär jüngere Kunstpositionen an die Uni bringen, die etwas weniger „klassisch“ sind und sich mit ihrer Präsenz (Performances, Aktionskunst, Multimediale Installationen) stärker in den Alltag der Studierenden einbringen. So machen sie Kunst an der Universität als Ganzes sichtbar. Zudem wollten wir den Dialog über Kunst auf dem Campus anregen.

kunstsammlungen neu entdecken

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In der Einladung heisst es, man lädt zu „Neuentdeckungen“ ein. Was soll ich mir als Besucher/Teilnehmer darunter vorstellen?  Wir möchten es den Besucherinnen und Studierenden ermöglichen, die Universität und ihre bestehende Kunstsammlung neu zu entdecken und sie gleichzeitig für junges Kunstschaffen zu begeistern. Die Woche lädt mit seinem vielschichtigen Rahmenprogramm und insbesondere seinen Workshops zudem dazu ein, verschiedene Bezüge zwischen Kunst, Wirtschaft und Gesellschaft zu erkunden und neue Antworten zu finden auf die Frage: Why Art?

 

Welche „Spielräume“ in Wahrnehmung und Denken – so heisst es auf dem Flyer – erhofft man sich idealerweise mit den Kunstinterventionen auf dem Campus zu eröffnen. Die vier Arbeiten, die von der Jury ausgewählt wurden, stellen implizit unterschiedliche Fragen: Was ist ein Künstler und wie entsteht Kunst? Wie produzieren wir Wert und woraus? Wann sind wir relevant? Was für eine Rolle hat eine Wirtschaftsuniversität heute in der Gesellschaft etc.? Wir erhoffen uns, dass die Besucher und Studierenden durch die Kunstinterventionen auf eine spielerische Weise dazu angeregt werden, neu über bestimmte Aspekte der Gesellschaft, der Wirtschaft oder des Lebens nachzudenken.

 

Für mehr Infos gibts hier das PDF zum Anlass: Programmflyer_intervention

 

„unbekannte werke“ – harlis schweizer (sg)

„Unbekannte Werke“, so nennt Harlis Schweizer die Arbeiten, die sie seit dem Wochenende in der Galerie vor der Klostermauer in St. Gallen präsentiert. Unbekannt sind die Arbeiten nicht unbedingt alle. Das ein oder andere scheint vertraut. Dafür stellen sie einen wunderbaren Querschnitt dessen dar, was Harlis Schweizer in den letzten Jahren erschaffen hat. Und sie geben Einblick in verschiedene Entwicklungs- oder vielmehr Ausdrucksstufen der Künstlerin. Es macht Spass, sich die bunten Werke in St. Gallens kleinster und schnuckeligster Galerie anzuschauen – bis 4. Oktober besteht die Chance dazu. 

Wenn ich an Arbeiten von Harlis Schweizer denke, und überlege, an welche bekannten Künstler mich ihre Formsprache am meisten erinnert, dann kommen mir zunächst Matisse und dessen Fauvismus sowie David Hockney mit seinem Fotorealismus in den Kopf.

Foto 3Fauvismus – Pop Art -Fotorealismus

Beide Künstler gefallen mir, obwohl der eine so schwungvoll den Pinsel jagt und der andere so fotorealistisch akribisch vorgeht – gerade in den bekannteren Arbeiten. Und ich mag auch die Farben, zu denen die zwei greifen. Und gerade das ist es, was mich auch an Harlis Schweizer so fesselt: Mal „wild und ungenau“, mal mit scharfen Umrisslienien sind ihre Motive präsentiert. Und bei ihrer Farbwahl bringt sie mal nur zwei Farben zusammen, dann wieder packt sie eine riesige Palette aus und traut sich auch ganz unerwartete Farben-„Partner“ auf den Bildträger zu setzen.

 

Zum Beispiel bei diesem Bild: Foto 1Da dominiert unbuntes Grau fast die gesamte Fläche. Nur der Einblick in den Innenraum, der mit der am Fenster stehenden Frau fast an niederländische Interieur-Bilder der Barockzeit anmutet, liefert Farben. Aber auch die sind eben dezent, zurückgenommen und – zumindest für mich auf den ersten Blick – nicht richtig sexy.

Hellgelb, rosa/abricot, mintgrün. Was toll ist: Beim längeren Hinschauen wird jede Farbe für sich ganz klar und stark, drängt das Grau zurück und vermittelt so vollkommen den Eindruck, in ein hell beleuchtetes Zimmer zu blicken. Dabei tun die unscharfen Umrisslinien ein Übrigens, um das Gefühl von Licht zu verstärken.

Es gibt natürlich noch VIEL mehr zu beschreiben – aber: selber entdecken – selber anschauen!

Hier Ort und Öffnungszeiten: Galerie vor der Klostermauer. Und hier die Website der Künstlerin: Harlis Schweizer

„looking at art“- Larry Peters in romanshorn (tg)

Larry Peters macht in seiner Ausstellung „looking at art“ Lust auf die Auseinandersetzung mit alten Meistern. Ins Zentrum seiner neueren Arbeiten stellt er den Maler Jan Vermeer. Zu sehen ist das Ganze bis 4. Oktober in der Galerie Mayer’s Altes Hallenbad in Romanshorn.

Okay, ich gestehe: Wann immer ich in eine Ausstellung komme und dort in den gezeigten Werken „Alte Meister 2.0“ entdecke – damit meine ich jetzt das Aufgreifen und Weiterverarbeiten bekannter kunsthistorischer Vorläufer – dann bin ich erst mal sehr skeptisch. Ich frage mich dann nämlich immer erst einmal: Ist hier wieder wer am Werkeln, dem einfach nichts Neues mehr eingefallen ist???

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Ganz klar: Bei Larry Peters ist das nicht so. Vielleicht liegt das ja daran, dass er einst am Royal College of Art in London studiert hat. Oder, dass er Jahre lang angehende Künstler unterrichtet hat. Oder, weil er es einfach KANN. Jedenfalls greift er zwar Arbeiten von Jan Vermeer (genauer: Jan Vermeer van Delft, 1632 – 1675) auf. Aber er entwickelt das Vorgegebene gekonnt weiter. Er verwandelt es und bringt seine eigene Sprache gelungen mit ein. Mark Staff Brandl, der die Laudatio gehalten hat, weist etwa auf Larry Peters allgegenwärtiges Befassen mit dem „Malerischen“ hin.

Gemeint ist damit: Die Sichtbarmachung des Pinselstriches. Selbst in dem Moment, in dem Peters den Pinsel beiseite legt und zu anderen Techniken greift wie zum Beispiel der Collage. Denn der Künstler kommt selbst dann malerisch rüber, wenn er mit geklebten Papierstücken die Bewegung und das Tempo des Pinselstrichs nachformuliert.

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Was mich besonders angesprochen hat: Das Repetieren der immer gleichen Motive. Für mich ist es Larry Peters‘ ironische Antwort auf all die Spekulationen, die sich in der Vermeer-Forschung damit befassen, wer wohl die Menschen sind, die Vermeer auf seinen Gemälden zeigt. Da gibt es so viele verschiedene Mutmassungen (und ich weiss wirklich auch nicht, was der aktuelle Forschungsstand ist – geb’s ja zu). Genau wie all die Mutmassungen greift nun auch Peters in Variationen immer wieder das „Mädchen mit dem Perlenohrgehänge“ oder die „Dienstmagd mit Milchkrug“ auf. Zoomt sie mal nah heran, steckt sie mal in eckige Rahmen, mal in einen Tondo… Ich verstehe dieses Arbeiten einerseits als nett gemeintes „Sich-Lustig-Machen“ über die Forscher und ihre Unwissenheit. Und andererseits auch als Ermunterung, selbst als Betrachter wild herum zu phantasieren (war da nun wirklich die Tochter, Geliebte oder Ehefrau das Modell?) — ungeachtet aller kunsthistorischen Forschungserkenntnisse.

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Ach ja: Zwar bestreiten Peters`Vermeer-Interpretationen den Grossteil der Ausstellung. Dennoch gibt’s auch eine Reihe früherer Arbeiten zu sehen. Auch für sie lohnt sich der Weg nach Romanshorn.

Noch als Tipp: Man sollte mit dem Auto anreisen und sich vorher gut die Anfahrtsbeschreibung anschauen. Denn die Galerie Mayers Altes Hallenbad, Kastaudenstrasse 11 in Romanshorn, liegt doch etwas versteckt in einem Wohngebiet.

Viel Spass beim Ausstellungsbesuch.

Larry Peters im Ostschweizer Künstlerarchiv

Ausstellungsdauer: 12. Sept. bis 4. Okt. 2015
(Am Sonntag, 27 Sept. bleibt die Ausstellung geschlossen.)

Öffnungszeiten:
Fr 18-21 Uhr, Sa 10-14 Uhr, So 14-18 Uhr (ausser 27.09)
oder nach Vereinbarung Tel. 079 445 34 11

Der Künstler ist an den Sonntagen anwesend.

pop-art vom bodensee in schwellbrunn (AR)

„Code 501565“- so lautet der Titel der Ausstellung, die momentan vom Goldacher Künstler Jonny Müller in Schwellbrunn gezeigt wird. Müller präsentiert dabei neue und bereits bekannte Arbeiten, die für mich sowas wie Pop-Art vom Bodensee sind. Und das in spezieller Location, nämlich dem KUK (Haus für Kultur). Hier kann man neben interessanten Künstlern auch feine Küche geniessen.

Bis 24. Oktober 2015 kann man die Arbeiten Müllers noch in Schwellbrunn bestaunen. Zum einen handelt es sich um grossformatige Malereien in knalligen Tönen.

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Daneben sind auch Skulpturen zu sehen.

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Mir persönlich gefallen die Malereien am meisten. Müller spielt, wie man es von ihm kennt, mit Alltagsmotiven. Hier eine monströse Walnuss. Da Frauengesichter, die in Umrissen von Schmeissfliegen stecken. Zunächst ist man als Betrachter etwas verduzt. Doch wenn man sich auf die Arbeiten einlässt, kann man – neben der ästhetischen Wirkung – auch noch ganz spannende inhaltliche Aspekte entdecken. Mir geht’s so zum Beispiel mit der erwähnten „Frauengesicht“-Fliege. Zunächst habe ich da nämlich nur ein Frauengesicht erkannt (Bin mir nicht sicher, aber ist das die junge Liz Taylor?— die hat ja auch Pop-Art-Meister Andy Warhol schon „verarbeitet“). Und erst beim längeren Hinschauen sah ich dann die grünen Fliegenbeinchen und habe begonnen mich an der grau-schwarzen Gesichtsfarbe der Dame zu stören.

Mir ging da durch den Kopf: Da ist eine Frau, schön, jung (falls Liz Taylor: auch noch unglaublich als Schönheitsikone gefeiert). Und nun ist sie schon längst Geschichte, die Schönheit passé und Fliegenfrass. Irgendwie ziemlich irritierend… und eigentlich ein Hinweis auf die menschliche Vergänglichkeit, ein Memento mori.

Na ja, wenn man sich dann genug Gedanken über die Bilder und Plastiken gemacht hat, hat man vielleicht Hunger. Und da kann ich nur als Tipp geben: Das KUK bietet sich an, um auch dem leiblichen Wohl zu frönen, und zwar im dazugehörenden Restaurant. Dieses ist absolut liebevoll eingerichtet, die Aussensitzplätze sind genial und die Menü-Karte verspricht eine Menge Leckeres.

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KUK – Haus für Kultur

Mein Eindruck: Die Kultur-Tour ins Appenzellerland eignet sich prima für einen Sonntagstripp plus Spaziergang und „Käffelen“. Zum Beispiel besonders, wenn man mit Kids unterwegs ist. Denn die Ausstellungen im KUK sind überschaubar, da sich alles auf wenige Haupträume begrenzt. Was mir auch gut gefällt: Neben der jeweils aktuellen Ausstellung hat man die Chance, Arbeiten anderer Künstler kennen zu lernen. Denn die Hausherrin des KUK, Elisabeth Beeli, zeigt überdies Werke von Künstlern, die bereits ausgestellt haben. Wer also wenig Lust verspürt stundenlang durch Museen zu wandeln, sondern einfach mal kurz einen Einblick in regionales Kunstschaffen erhaschen will, sollte das KUK nicht verpassen.