deins oder meins? infos zum urheberrecht

Früher oder später erwischt sie einen doch: Die Frage nach dem Urheberrecht. Entweder, weil man als Kunstschaffender Werke anderer Künstler für die eigene Arbeit nutzen möchte. Oder weil man per Zufall feststellt, dass ein eigenes, mit Herzblut erschaffenes Werk von anderen kopiert, adaptiert, remixt wird. Dann hat man ganz schnell Fragen im Kopf: Wie sind Werke überhaupt geschützt? Ab wann darf man sie verwenden? Und was heisst denn eigentlich „geistiges Eigentum“? Es lohnt sich daher, sich bereits vor dem Tag X  ein wenig mit der Materie zu befassen. Hier etwas „Starter“-Input.

 

Die meisten Kunstschaffenden wissen heute, dass ein Gemälde, eine Komposition oder ein Gedicht im Regelfall einem urheberrechtlichen Schutz unterliegen. Auch ist bekannt, dass dieser Schutz üblicherweise 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers erlischt. Dann wird dieses Werk Teil der „Public Domain“, zu deutsch: Gemeinfreiheit – und darf ab diesem Moment problemlos verwendet werden. Damit hört bei vielen ihr Know-how zur Sache aber schon wieder auf. DSC_1144

Doch es gibt natürlich noch viel mehr, was man zu Urheberrecht, Gemeinfreiheit und Public Domain sagen kann. Jurist und Autor Martin Steiger hat Fakten dazu in einem eben erschienenen Buch (mit dem Titel „Public Domain“) auf den Punkt gebracht. Hier eine winzige Auswahl daraus.

Die 70 Jahres-Regel ist etwas zu allgemein. Eine Differenzierung ist nötig. Denn es gilt: Bei Software dauert die Frist lediglich 50 Jahre. Bei unbekannten Urhebern erlischt der Schutz 70 Jahre nach Publikation des jeweiligen Werkes — und und und…

Es gibt überdies viele Werke, die nie urheberrechtlich geschützt waren. Zu diesen zählen etwa Gesetztestexte, Behördenberichte oder Protokolle. Des Weiteren fallen in die Kategorie der ungeschützten Werke aber auch „künstlerische Arbeiten“. Und zwar solche, denen ein ausreichender individueller Charakter fehlt und die „deshalb die sogenannte Schöpfungshöhe nicht erreichen“.

Ein Urheberrecht entsteht automatisch

Das Urheberrecht an einem Werk entsteht automatisch, sofern bestimmte Kriterien erfüllt sind. Selbst dann, wenn der Urheber es gar nicht will. In der Schweiz – anders als in den USA – ist es aus diesem Grund unmöglich, das „Urheberrecht an einem eigenen Werk vollständig aufzugeben“.

Sobald ein Werk in der Public Domain ist, dürfen Erben und andere Rechteinhaber den Zugang dazu nicht verweigern, einschränken oder nur kostenpflichtig gestatten. Ihnen fehlt die „urheberrechtliche Verfügungsmacht“.

Dennoch gewährt die Public Domain noch lange keinen Anspruch auf freien Zugang zu einem Werk , ebenso wenig wie dessen uneingeschränkte Nutzung. Ein gutes Beispiel dafür sind Museen. Sie machen etwa ihre Hausordnung geltend und verbieten so z.B. das Abfotografieren von Bildern. Das ist völlig legitim.

 

Zum Buch „Public Domain“

Martin Steiger informiert über noch viel, viel mehr. Und ich kann jedem, der sich für das Thema „Urheberrecht“ interessiert nur ans Herz legen, einen Blick in dieses Buch zu werfen. Es ist kurzweilig zu lesen und sensibilisiert dennoch intensiv und informativ für die Materie.

Ich bin im Oktober in Frankfurt auf der Buchmesse darauf gestossen und lege es seitdem kaum mehr aus der Hand. Steiger schreibt übrigens in diesem Buch nicht alleine.  Eine Reihe sehr kompetenter Co-Autoren behandeln neben Steigers Beitrag zu  „Public Domain im Urheberrecht“ alle möglichen Bereiche bis hin zum„Rebloggen als Kulturtechnik“. Da ist also für jeden etwas Wissenswertes drin.

Was mir besonders an dieser Publikation gefällt ist:

  • Man spürt, dass die Schreiber wirkliches Know-how mitbringen.
  • Die Texte sind bestens zu lesen. Kein Fach-Kauderwelsch und keine Endlossätze.
  • Zudem sind die einzelnen Kapitel verhältnismässig kurz, dafür knackig. Man muss sich nicht erst durch viele Seiten wühlen, bis man endlich mal auf eine informative Aussage trifft.
  • Am Ende jedes Beitrags dachte ich: „Wow, da hab ich echt was dazugelernt“.

Mein Fazit: So macht das Lesen von Fachliteratur Spass.

Das Buch: Migros-Kulturprozent, Dominic Landwehr (Hg.): Public Domain – Edition Digital Culture 3, 252 S., Christoph Merian Verlag 2015

ISBN: 978-3-85616-657-1