freelancer-honorare: gute arbeit hat ihren preis
Viele Kunst- und Kulturschaffende sind als Freelancer auf dem Arbeitsmarkt unterwegs. Oft wissen sie dabei nicht, wie sie ihre Leistung verrechnen sollen – egal, ob es um Kunstvermittlung, Fotoarbeiten oder Textaufträge geht. Und auch Auftraggeber stellen die falschen Überlegungen an, wenn sie sich durch den Kopf gehen lassen, wieviel ein Freelancer kosten darf.
Als ich in mein Freelancer-Leben gestartet bin, empfand ich das als extrem unangenehm. Wie sollte ich denn realistisch einschätzen, was meine Arbeit Wert ist? Und was muss ich verrechnen, um davon leben zu können, ohne als Gierhals da zu stehen?
Heute weiss ich: Gute Arbeit muss einen Preis haben. Nicht nur, um die eigene Kasse zu füllen. Sondern um sich eine realistische Lebensgrundlage zu erarbeiten. Überdies ist ein angemessener Preis auch aus Fairness seinen Auftraggebern gegenüber einzufordern.
Hier die häufigsten Denkfehler auf beiden Seiten.
Der Freelancer:
- Ich darf nur verrechnen, was ich dem Kunden auch abliefere Wer so denkt, arbeitet als Wohltäter des Kunden – nicht aber, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Viele Freelancer posaunen niedrigste Stundensätze in die Welt hinaus aus lauter Angst, sonst keine Kunden zu gewinnen. Was sie dabei allerdings nicht bedenken: Was man verdienen muss, ist nicht alleine dazu da, um die Miete oder den nächsten Urlaub zu bezahlen. Es geht noch um VIEL mehr! Nämlich: Wie sichere ich mich im Krankheitsfall ab? Was passiert mit einer späteren Rente? Wie finanziere ich die Einkommensteuer? Wann mache ich Administratives? Muss ich Akquise betreiben und wenn ja: Wie finanziere ich die? Und diese Liste ist noch laaange nicht zu Ende! Zudem kann keiner 365 Tage im Jahr arbeiten. Und Computer und Telefonie wollen auch finanziert sein. Auch das alles muss in die Kalkulation mit einfliessen. Eine sehr grobe Regel lautet: Multipliziere den von dir gedachten Stundensatz x 2,5. Dann haut es ungefähr hin. Als Beispiel: Willst du konkrete 40.- CHF verdienen, musst du dem Auftraggeber 100.- CHF in Rechnung stellen. That’s it.
- Trotzdem kriege ich nur Kunden, wenn ich billig bin Häufig gedacht und leider immer gleich falsch. Als Beispiel aus der echten Welt kann man getrost ehrenamtliche Arbeiten nennen, auch wenn’s gemein ist. Aber sein wir ehrlich: Jede Arbeit, die nichts kostet, gilt als wenig wert und wird belächelt. Das gleiche gilt für Freelancer-Jobs. Wer sein Licht unter den Scheffel stellt, wird nicht ernst genommen. Zudem ist es irre schwer, Preise nachträglich anzuheben, wenn sie mal zu tief angesetzt waren. Denn womit will man das begründen???
Der Auftraggeber:
- „Günstig“ spart Geld Stimmt leider so nicht. Denn eine Aussicht auf „billig“ reizt Auftraggeber zu unbedachten Schnellschüssen. Wer mit „billigen“ Freelancern arbeitet, stösst oft Projekte an, die noch nicht zu Ende gedacht sind. Nach dem Motto: Dieser Freelancer kostet so wenig – wenn es noch Änderungen gibt, kann ich die locker auch noch finanzieren. Der Auftrag geht also raus mit einem miesen, weil unfertigen oder schlecht strukturierten Schnellschuss- Briefing. Und auf dieser wackligen Grundlage macht sich der Freelancer ans Werk. Das hat zwei Sachen zur Folge. Erstens: Es muss permanent nachgebessert werden. Beide Seiten ärgern sich dann über die (unzulängliche) Arbeitsweise der andern Partei. Und zweitens bringt der billige Stundensatz nun auch nix mehr. Denn durch die vielen (eigentlich unnötigen) Korrektur- und Anpassungsloops wurde der ursprünglich kalkulierte Rahmen schon lange gesprengt. Und Nerven hat es auch noch gekostet. Autsch.
- Günstig ist auch gut Eines vorneweg: Es wäre natürlich völliger Quatsch zu behaupten, dass Freelancer mit hohen Stundensätzen per se besser sind, als solche mit tiefen. Was aber Fakt ist: Jemand, der mit hohen Stundensätzen arbeitet, hat erhöhten Druck. Woran das liegt? Wer hohe Rechnungen stellt, dann aber Mist abliefert, ist bald alle Kunden los. Ausserdem bewilligen Auftraggeber, die hohe Sätze zu zahlen haben, automatisch weniger reale Zeit. Das bedeutet unter dem Strich: „Schlankes Arbeiten“ ist unumgänglich. Das betrifft Konzentration, Projektstruktur und Zeitmanagement. Und davon profitiert am Schluss vor allem einer: Der Auftraggeber.
Bei Experten nachgeschaut
Einer, der sehr gut weiss, wie man eine realistische Berechnung von Freelancer-Stundensätzen hinbekommt, ist Lambert Schuster aus Köln. Auch wenn er in Deutschland sitzt, kann man seine Tipps getrost auf die Schweiz umlegen – dann geht’s halt um CHF anstatt um Euro und man muss die Kalkulation auf die Schweizer Lebenshaltungskosten anpassen.
Hier geht’s zu seinen wirklich guten Tipps:
Und wer sich vor allem informieren möchte, was Text-Freelancer fordern dürfen, findet hier eine gute Hilfestellung:
https://www.supertext.ch/de/texten
Was sind eure Erfahrungen mit Freelancer-Jobs? Habt ihr gute Tipps? Oder findet ihr, ich liege falsch? Dann freue ich mich über guten Input und konstruktive Kritik. Schreibt was!