Schlagwortarchiv für: Malerei

Domenic Lang – neue Arbeiten im Dottenwil

Vor wenigen Wochen habe ich den Künstler Domenic Lang kennengelernt und muss sagen: Holla, der kann was! Ich durfte ihn in seinem „home“-Atelier besuchen. Und er hat sich Zeit genommen und mir seine facettenreiche Arbeit gezeigt. Von der Collage mit Legosteinchen bis hin zu Malereien in Öl. Vom 13. Februar bis 10. April zeigt er nun in einer Einzelausstellung was er so alles auf dem Kasten hat. Die Vernissage habe ich schon fest in meiner Agenda eingetragen. Diese beginnt übrigens am 13.2. um 17 h. Website Domenic Lang

Und wieso gehe ich hin? Ich bin gespannt, wie Domenic Lang dort seine sehr unterschiedlichen Arbeiten präsentieren wird. In seinem Atelier nämlich stehen monochrome Bilder von milchig-blauen Nebellandschaften neben feurigen Brand-Bildern in heissem Orange und Rot.

ganzes Bild klein

Ganz nah: alles Lego. Aus der Ferne: Ruinenarchitektur – ganz malerisch.

Und er hat noch ganz andere Arbeiten in petto. Was er nämlich auch erprobt, ist das Spiel mit neuen Materialien, wie den schon erwähnten Legosteinchen. Aber auch Stickereistoffe oder – neuerdings – Materialien aus dem Modelllandschaftsbau (winzige Männlein, „Streugras“, Miniaturbäumchen und und und) finden Eingang in seine Werke. Mit ihnen entwickelt Lang grossformatige Gesichter, die sich jedoch in Wäldchen, Rasenflächen etc. auflösen – je näher man eben an den Bildträger herangeht.

Ich find‘ diese Arbeitsweise überraschend und mir gefällt das Verspielte daran. Ein Künstler, dessen weitere Entwicklung man auf alle Fälle verfolgen sollte!

Kroki Schloss3

 

Und hier noch die „Ausstellungs-Koordinaten“:

DOMENIC LANG „NEUE WELT“
(MALEREI, INSTALLATION) 

Samstag, 13. Februar, Vernissage 17 Uhr
Musikalisches: M. Lang, M. Toppius und M. Ehrbar

Einführende Worte: R. Zigerlig, Präsident der Stiftung Sitterwerk.

Öffnungszeiten unter dieser Website

Rahel Müller, Pfyn (TG)

Wer Rahel Müller ist: 1964 geboren in St. Gallen, wohnt in Zürich, arbeitet in Pfyn TG.
1985–1990 Studien Kunstgeschichte, Philosophie und Psychologie an der Universität Zürich.
Seit 1990 freiberuflich als Kunstschaffende tätig in den Bereichen Malerei, Fotografie, Installation,
Performance, Text, Kunst und Bau. www.rahelmueller.com

rahel müller_returning zone_2015_160cm x 120cm_pigmente auf leinwand

„returning zone – 160 cm x 120 cm, Pigmente auf Leinwand, 2015

Rahel Müller über die Entstehung dieses Werkes

„Seit einigen Jahren male ich immer wieder Leinwände mit einem Punkteraster auf verdichtetem Hintergrund. Das Konstruktionsprinzip ist einfach: Es sind auf jeder Linie gleich viel Punkte. Aber Abstand und Dichte variieren. Es geht nicht darum, einen möglichst regelmässigen Verlauf zu erzeugen, eher, Fehler, Reibung und Unregelmässigkeit zuzulassen. Wie es im Leben auch ist: Es ist nicht immer alles so schön und so geordnet.

Seit Jahren schrieb ich auf Twitter immer wieder mal mit dem Berliner Schauspieler, Sprecher und Autor Hans-Jörg Grosse. Letztes Jahr erhielt er eine Krebsdiagnose und begann im Herbst eine Folge von sechs geplanten Chemotherapiezyklen. Wir schrieben seither intensiver miteinander, teilten uns sehr Persönliches mit, erlebten ein grosses Auf und Ab in seinen Behandlungszyklen im Spital und den anschliessenden Regenerationszeiten zuhause. Ende November forderte ich ihn auf, mir zu sagen, in welchen Farben er mein nächstes Punktebild haben wolle, ich würde es für ihn und in Gedanken an ihn malen. Er wählte Gold auf Gold.

Ich malte es also Gold auf Gold. Es wurde am 4. Dezember fertig und ich nannte es „returning zone“. Hans-Jörg Grosse mochte das Bild sehr. Ich liebe es auch. Wegen der Metallpigmente spielt es noch stärker im Licht als alle bisherigen Punktebilder und je nachdem, wo man sich dazu befindet, glaubt man ein immer neues Bild vor sich zu haben.

Ende 2015 war sein dritter Chemozyklus abgeschlossen, und zum ersten Mal sahen die Prognosen für seine Heilung besser aus. Wir schäkerten über den Frühling, er traute sich, wieder etwas Pläne zu machen. Noch bis zum 2. Januar 2016 schrieben wir miteinander, dann verstummte er. Das war nicht ungewöhnlich, denn nach jedem Behandlungszklus treten unwahrscheinliche Müdigkeit und Erschöpfung ein, bis sich die Zellen dann wieder erholen.

Am 9. Januar 2016 erhielt ich unerwartet die Nachricht von seinen Tod.  Er starb im Krankenhaus, auf der Intensivstation, nicht an Krebs, sondern an den Folgen einer Sepsis am Bein. Hans-Jörg Grosse wäre kommenden Mai 53 geworden. Im Alter von 18 Jahren wurde er von der Stasi für neun Monate in Bitterfeld eingesetzt, das erfuhr ich erst nach seinem Tod.  Was ihn so besonders machte, kann ich kaum in Worte fassen. Ich glaube, es war sein Seelenmut, seine kreative Fülle und Ausrichtung auf die feinen Töne des Lebens, die er trotz so viel Traumatisierung lebte. Die Melancholie war allerdings immer auch da. Er hat unter anderem sehr viele Kafka-Texte vertont. Man findet sie auf seiner Website, genauso wie seine Aphorismen und Texte.“

Mehr zu Hans-Joerg Grosse

Lukas Schneeberger, St. Gallen (SG)

Wer Lukas Schneeberger ist: 1983 geboren in Zürich, aufgewachsen in Fasnacht/ TG. Seit 2004 arbeitet und lebt der künstlerische Autodidakt in St.Gallen. Website Lukas Schneeberger

IMG_0267 Kopie

Lukas Schneeberger über sein künstlerisches Arbeiten:

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand freiwillig malt oder zeichnet. Bei mir ist das ein innerer Zwang zu arbeiten. Ich arbeite 100% in meinem Tagesjob und muss danach noch ins Atelier arbeiten gehen. Die Meisten meinen immer, Malen sei eine Freude und ein Hobby. Es ist aber mehr ein innerer Zwang- ein Müssen. Malen ist körperlich und kognitiv anstrengend. Der Prozess ist kein angenehmer.

Da bei meinen Arbeiten alles schnell gehen muss und ich das Material verschwenderisch in grossen Mengen verwende, arbeite ich hauptsächlich mit Dispersion und Spraypaint und Acryl.“

 

Sylvia Geel, Heiden (AR)

Wer Sylvia Geel ist: Seit 2005: Lehrauftrag, Illustration, Schule für Gestaltung, St.Gallen. Seit 2004 Fachexpertin Aufnahmeprüfung Fachklasse Grafik, Schule für Gestaltung, St.Gallen. Seit 2003 Fachexpertin Grafiker-Lehrabschlussprüfungen, St.Gallen. 2002 
Pädagogisch-künstlerische Projektarbeit, Jugendstätte Bellevue, Altstätten. Seit 1990 freischaffende Illustratorin und Grafikerin. Seit 1987 freischaffende Künstlerin, vorwiegend Malerei. Mehr Infos unter Sylvia Geel im Künstlerarchiv

devitio_serie_2013

-Zum Bild: «devotio» –  das bedeutet Hingabe.Sich hingeben, unreflektiert, in gutem Glauben, vertrauensvoll.Hinnehmen – in sich aufnehmen, schlucken. Die ganze Serie besteht aus 40 Bildern. Sie stehen symbolisch für Menschen, die sich für eine Ideologie, bis hin zu Fanatismus, hingeben.

Ausstellungen: (Auswahl) 2014 Einzelausstellung Spital Heiden. 2013 Einzelausstellung Kultur im Bahnhof, St.Gallen. 2012 Einzelausstellung Frauenbibliothek Wyborada, St.Gallen. 2010 Gruppenausstellung art-trogen, Trogen. 2010 Gruppenausstellung Galerie Margrit Oertli, St.Gallen. 2009 Gruppenausstellung Fabrik am Weiher, Zwillikon. 2007 Einzelausstellung Galerie vor der Klostermauer, St.Gallen

…und ein Interview

Malerei & Skulptur: „Chaminar“ (TG)

Am kommenden Samstag, 14. November, eröffnet in Frauenfeld um 17.30 h eine Ausstellung, auf die ich mich persönlich sehr freue. Unter dem Titel Chaminar gibts dann im Berner Haus Arbeiten von zwei  Ostschweizerinnen zu bestaunen, die ich schätze: Claudia Züllig (Malerei) und Birgit Widmer (Skulpturen). Veranstalter der Ausstellung, die bis zum 13. Dezember läuft, ist übrigens der Kunstverein Frauenfeld.
Wer Claudia Zülligs Schaffen kennt, weiss es -und wer ihren Arbeiten zum ersten Mal begegnet, muss wissen: Immer schon lag der Fokus ihrer Bildmotive auf der Natur. Egal ob Blattmotive, Wälder, Frauenkörper (der Körper als „Landschaft“) oder Landschaften aus Fels und Schnee.

Motivjagd im Gebirge

Claudia Züllig hat mir einmal verraten, dass sie sich oft mit Stift und Leporello bewaffnet auf Streifzüge ins Gebirge begab, um dort ihre Motive zu finden. Da wurde dann skizziert, einzelne Steine als ganze Miniaturmassive wahrgenommen. Und nochmals skizziert. Es entstanden Blatt um Blatt ganze Bergketten, neue Topografien, die so in keiner echten Landschaftskarte zu finden sind.

ClaudiaZuellig

Malerei von Claudia Züllig

In der Ausstellung Chaminar  zeigt Züllig nun u.a. Malereien, die den Grundgedanken dieser Zeichnungen weitertragen. Sie kommen mit wenigen Farben aus, sind monochrom gehalten. Mit gezielter Licht- und Schatten-Setzung, mit klaren Linien, wo nötig – und bewusstem Verwischen, Verunklaren entstehen so ihre stimmungsvollen und fast abstrakt anmutenden Bilder.

FullSizeRender

Holzarbeiten von Birgit Widmer

Soviel zu den Landschaften. Man darf sich auch auf mehr freuen, wenn man Chaminar als Besucher durchstreift: Zum Beispiel Frauengestalten aus Claudia Zülligs Pinsel und wunderbare Holzarbeiten von Birgit Widmer. Logisch, dass meine Devise lautet: Selber-Gucken!

 

Ausstellungsadresse:
Bankplatz 5 / Freiestrasse
(Bei der kath. Kirche)
8500 Frauenfeld

geöffnet:
Sa 10 – 12 und 14- 17 h
So 14 – 17 h
Und wer noch Infos aus weiteren Quellen wünscht… hier gehts zur Website vom Berner Haus
und zu den Seiten von Claudia Züllig und Birgit Widmer

Andrea Giuseppe Corciulo (SG)

Wer Andrea Giuseppe Corciulo ist: 1972 geboren. In Teufen aufgewachsen. Lebt und arbeitet heute in St.Gallen. 1994-1998 besuchte er die Höhere Schule für Gestaltung.

Auszeichnungen und Preise (Auswahl): 2008 Förderpreis der Stadt St.Gallen ; 2007 Förderpreis UBS Kulturstiftung; 2006 Atelierstipendium in der Cité International des Arts, Paris; 2005 Atelierstipendium in Rom, Kanton St.Gallen; 2002 Werkbeitrag des Kanton St.Gallen. Mehr über ihn auf Tumblr: Website

Panda

Zum aktuellen Projekt „floating“: 

„floating“ lautet der Titel des neusten Projekts von Andrea Corciulo. Für seine aus mehreren Werken bestehende Serie löst der Künstler die klassische Papiercollage aus der 2-Dimensionalität auf und überführt sie in eine 3-dimensionale Wahrnehmung. In mehreren Arbeitsschritten inszeniert und fotografiert er die Collage. Das Endprodukt ist ein Fotoabzug, die Originalcollagen werden zerstört. Mit einer besonderen Art der Beleuchtung erzeugt der Künstler Schatten, welche die einzelnen Bildelemente in den Zustand des Schwebens zu versetzen scheinen.

Aktuell zeigt der Künstler „floating“ im Projektraum Nextex im Rahmen einer Gruppenausstellung mit Rahel Müller und Simon Gehrig. Noch bis 26.November.

Im Atelier bei Rik Beemsterboer (SG)

Neugierig auf Rik Beemsterboer und seine Malereien bin ich eigentlich im Jahr 2013 geworden. Damals gab‘s eine Einzelausstellung von ihm im Architekturforum St. Gallen mit klasse Werken, die sich irgendwo im Grenzbereich zwischen Objekt und Gemälde bewegten. Umso toller fand ich es, dass er Laune hatte, nun ein kleines Interview mit mir zu führen. Meine ursprünglichen Fragen an ihn habe ich aber schnell über den Haufen geworfen. Denn was er mir in seinem Wittenbacher Atelier über „musikalische Landscapes“ oder die Gesichter von Amokläufern erzählt hat, war einfach viel spannender…

Als allererstes, bitte eine kleine Vorstellung: Wer bist du eigentlich?  (lacht) Ich bin der Rik. Ich bin in Holland geboren und hatte eigentlich immer ein bisschen was von einem Unruhestifter in mir. Künstler wollte ich nie werden. Bis ich zehn wurde, wollte ich allerdings Bauer werden. Mittlerweile male ich aber seit 25 Jahren. Und ich bin verheiratet und habe zwei Kids.

PortraitRik

Rik Beemsterboer

Du wolltest nie Künstler werden und bist es nun doch? Wie kam es dazu? Schule war nicht so mein Ding. Nach dem Schulabschluss wollte ich nie mehr was mit Noten und Büchern zu tun haben. Damals habe ich gerne fotografiert. Mein Onkel sah Fotos von mir und meinte, die seien richtig gut und ich solle mich doch mal an der Akademie bewerben. Ich hab‘s versucht und wurde an der A.K.I  Academy of Art and Industrial design in Enschede (NL) angenommen.

Heute bist du aber als Maler bekannt, nicht als Fotograf. Oder habe ich da was Wichtiges verpasst? Die ersten beiden Jahre an der Akademie waren offen. Da konnte man viel Verschiedenes ausprobieren. Im dritten Jahr habe ich Fotografie fallenlassen. Irgendwie gab es da keine spannenden Sujets zum Fotografieren. Damals kam gerade Video als neue Richtung auf. Ich habe also das versucht. Aber es war auch nicht das richtige für mich: Zu viel rumsitzen, zu oft Filme schneiden. Also weg damit. Und dann habe ich die Malerei entdeckt und bin seitdem bei der geblieben.

 Ich musste mich für Malerei oder Musik entscheiden

Malerei wurde da also zu sowas wie einem Lebensinhalt? Ach nein (schmunzelt). So krampfig darf man das nicht sehen. Man kann sooo viel ausprobieren. Ich hatte nie ein festes Ziel im Kopf. Während dem Studium habe ich auch Saxophon in einer Band gespielt. Da haben wir zum Beispiel musikalische Experimente gemacht. Mit Stimme, Saxophon, und das dann technisch verändert. Wir nannten es „musikalische Landscapes“ und haben es bisdamit bis nach New York und Japan ins Radio geschafft.image1 (1)

Uff. Das überrascht mich jetzt. Und wie ging es weiter? Hast du eine Karriere als Musiker geplant? 1992 war mein Abschlussjahr an der Akademie. Da musste ich mich entscheiden, Musik oder Kunst zu machen. Ich entschied mich für Kunst und bin nach Amsterdam gezogen. Dort hab‘  ich immer gemalt und nebenbei zwei Tage die Woche in einem Shop gearbeitet. So kam ich knapp über die Runden. Und im Jahr 2000 bin ich dann der Liebe wegen in die Schweiz. Hier habe ich zusätzlich zur Malerei angefangen als Werklehrer zu arbeiten und auch noch die pädagogisch-didaktische Ausbildung gemacht.

Okay. Jetzt muss ich wirklich mal nach deiner Malerei fragen. Wie malst du? Was interessiert dich? Wo nimmst du deine Themen her? Oh, du willst ja ganz schön viel auf einmal wissen. Na, fang‘ ich mal an…. Eine Weile habe ich abstrakt gemalt. Dann wurde mir das zu langweilig. Ich bin also zum Realismus gewechselt und hatte dann auch erste Ausstellungen. Da ich ein Beobachter bin, interessiert mich so ziemlich alles. Ich schaue, was in der Welt um mich rum passiert. Dann drängen sich auch schon Themen auf, mit denen ich mich auseinandersetzen will.

Unheimlich, so ein Attentäter mit Kindergesicht

Nenne doch mal ein Beispiel. Also eines davon ist die Serie „Amokläufer in Schulhäusern“. 2009 gab es doch diesen Anschlag in Winningen (DE). Mit insgesamt 16 Toten.  Am nächsten Tag war das in der Zeitung. Und am übernächsten war es gleich vergessen. Da bin ich so frustriert gewesen. Über die Menschen. Und auch über mich selbst.  Denn man hat das so schnell wieder aus dem Kopf gehabt. Ich dachte: „Meine Güte, wie sind wir Menschen nur?“ Das hat mich wahnsinnig gestört. Und deshalb habe ich dann angefangen,  mich dem Thema „Amoklauf“ zu nähern. Und zwar durch Bilder von Tätern. Zu dieser Zeit wollte ich sowieso Porträts malen und da war das ein guter Anlass.image2

Wie bist du genau vorgegangen? Ich begann im Internet zu recherchieren, wann man denn eigentlich das erste Mal einen Amoklauf geschichtlich festgehalten hat. Und ich bin auf das Jahr 1927 gestossen. Ich fand ein altes Foto. Damals hat wer ein ganzes Schulhaus in die Luft gesprengt. Ich war völlig schockiert von der Erkenntnis, dass Amoklaufen also kein neues Phänomen ist. Ich habe auch bei Psychologen recherchiert. Anscheinend gibt es da gewisse Zusammenhänge zwischen solchen Taten und beispielsweise Gemobbt-Werden, der Verabreichung bestimmter Psychopharmaka an jugendliche Täter oder den sogenannten „egoshooter games“.  Aber sicher ist es sehr schwierig, da Kausalitäten herzustellen und man muss sehr vorsichtig damit sein.

Abschliessend wüsste ich noch gerne, wie die konkrete Serie entstanden ist. Ich malte Fotos der Amokläufer ab. 25 Stück. Es waren liebe Fotos. Ganz harmlos. Die meisten der Täter waren Jungs, noch richtige Kinder. Manche waren gerade mal elf oder 14 Jahre alt. Diese Einsicht war unheimlich und erschütternd und hat auch mein Malen begleitet. Aber ich denke, dass spürt man als Betrachter der Serie auch. Ich hoffe es zumindest. Denn ich wollte damit aufrütteln. Ich wollte die Bilder ausstellen und den Menschen sagen: „ Vergesst nicht immer so schnell.“

Rik, vielen Dank für die Zeit, die du dir für dieses Interview genommen hast.

 

Anmerkung von „Der Puck“: Rik hat mir noch viel, viel mehr Lesenswertes berichtet. Leider sprengt das aber den Rahmen eines Blogs. Seine Holzarbeiten beispielsweise kommen hier gar nicht zur Sprache, was sehr schade ist. Wer mehr wissen will, sollte sich auf seiner Website informieren. Oder bei den Galerien, die Rik Beemsterboer in St.Gallen, Zürich und Altendorf vertreten.

Claudia Valer, St. Gallen (SG)

Wer Claudia Valer ist: geboren 1974. Bis 1987 in Spanien aufgewachsen. Ab 1996, nach Abschluss des Lehrerseminars, bis 2005  längere Aufenthalte in Peru. Lebt und arbeitet seit 2005 in St. Gallen. 2005 – 08: Studium von Vermittlung von Kunst und Design an der ZHdK. Website von Claudia Valer

ohne Titel (Labor) (1)

Claudia Valer ( ohne Titel), 2015

Zum Werk: Claudia Valers Arbeiten sind meist Werke in Öl auf Leinwand und realistisch (surrealistisch) gehalten. Dabei dienen fotografischen Vorlagen (eigene Fotos, Zeitungsbilder) als erste Inspirationsquelle und Ausgangspunkt. Ihre Themen kreisen um den Menschen, seine Realität, sein Denken und stellen diese Motive ins Zentrum.

 „Claudia Valer über die Entstehung des Werkes: 

„Dieses Bild stammt aus einer Serie, in welcher alle Bilder auf Zeitungsfotos basieren. Ich kaufte an dem Tag, an dem ich mit einem Bild begann, eine Tageszeitung. Aus dieser Tageszeitung kombinierte ich verschiedene Bilder miteinander. Themen, die angeblich nichts miteinander zu tun haben, treten im gemalten Bild neu in Verbindung zueinander. Bei den meisten Bildern waren es zwei Zeitungsfotos. Bei diesem Bild sind es vier. 
Die Tagespresse interessiert mich seit längerem. Einerseits finde ich die Frage interessant, wie Themen für die Zeitung ausgewählt werden. Wer bestimmt wann und weshalb Themen und Ereignisse, die relevant sind, für wen? Die Zeitungen sind voll von Kriegen, Epidemien und anderen schlimmen Zuständen. Wie können wir Leser das alles verkraften? Die Zeitung wird gelesen, nach einigen Artikeln ist man kurz sehr betroffen, man blättert weiter, ist erneut erschüttert, traurig, nachdenklich, betroffen, man blättert weiter, liest weiter. Und legt die Zeitung zum Schluss ins Altpapier. Das war’s.
Beim Malen mit Öl gebe ich gewissen Themen mehr Zeit. Die unterschiedlichen Themen, welche in der Zeitung behandelt werden, haben oft mehr miteinander zu tun als auf den ersten Blick sichtbar ist. Durch die Kombination im Bild treten sie in eine andere Dimension, über das Tagesthema hinaus.“

 

ein modell ist kein ausgestopfter fuchs

Kleider runter, stillstehen, Geld verdienen? Klingt toll und eigentlich ganz einfach. Zumindest, wenn man gerne die Hüllen fallen lässt und nicht schnell friert… Oder gibt’s noch mehr, was es zum Beruf des „Akt-Modells“ zu sagen gibt? Ich habe einmal nachgefragt: bei Liliana Koller, Jahrgang 1988, berufstätige Sozialpädagogin und  Aktmodell im Nebenjob. Und bei Claudia Züllig, Aktzeichnerin und Lehrerin an der Schule für Gestaltung. In welchem Fach wohl? Na klar!

Liliana, du hast „Soziale Arbeit“ studiert, bist in diesem Berufsfeld auch seit letztem Jahr berufstätig und arbeitest nebenbei als Aktmodell. L:  Ja, das ist irgendwie lustig. Aber es scheint in der Familie zu liegen. Ich habe noch vier Schwestern, die auch schon alle Modell standen – meine Mutter übrigens auch.

Wie bist du an den Job gekommen und was gefällt dir daran?  L: Ich bin vor 7 Jahren über eine meine Schwestern dazu gekommen. Angefangen habe ich dann, weil mich als Studentin einerseits der finanzielle Aspekt gelockt hat. Andererseits fand ich aber auch den Kontakt zu den Kunstschaffenden klasse. Ich hatte vorher schon die gestalterische Maturität gemacht und war von Kunst fasziniert.

Aktzeichnen4_neu

Liliana als sitzender Akt. Gezeichnet von Claudia.

Claudia, du bist eine dieser Kunstschaffenden. Während des Zeichnens bist du „auf der anderen Seite“, sezierst Liliana praktisch mit Blicken. Wie fühlt sich das an? C: Ich empfinde das Aktzeichnen gar nicht als „sezierend“. Es ist für mich etwas Prüfendes. Ein Bezugnehmen auf eine Form, oder eher noch: eine Gegenform. Das Modell ist sowas wie eine beseelte Landschaft. Das ist stimulierend. Ich empfinde Aktzeichnen als belebend, weil ich mich da total fokussiere und den Kopf von allem anderen frei mache.

 Aktzeichnen ist Teamwork zwischen Zeichner und Modell

Liliana, dir geht es in diesem Moment des Gezeichnet-Werdens doch sicher anders? Oder? L: Der Blick der Zeichnenden hat mich nie gestört. Ich habe ein gutes Körpergefühl und mir war es auch nie unangenehm, angeschaut zu werden, wenn ich nackt bin. Am Anfang dachte ich zwar noch, ich muss mich verrenken, damit die Pose gut aussieht. Ziemlich bald habe ich aber gemerkt, dass ich mich wohl fühlen muss, damit was Gutes rauskommen kann.  Und ich darf mich sogar mal bewegen, hab ich gemerkt und muss nicht stocksteif dastehen.

Das tönt kinderleicht, wenn Liliana erzählt, wie man Modell steht. Wie siehst du das als Lehrerin, Claudia? Ist es so einfach?  C: (lacht): Nein, das ist es sicher nicht. Ein gutes  Modell muss bei sich sein. „Anwesenheit“ ist das Zauberwort. Es funktioniert nicht, wenn eine Person einfach nur da ist. Auch wichtig: Ein erfahrenes Modell muss sich so geben, dass es für das Modell persönlich stimmt. Dazu gehören ein zufriedenes Körpergefühl und eine gute Körperspannung. Dann passt es auch für den Betrachter. Ich habe schon oft gemerkt, dass Personen, die im Alltag mit ihrem Körper „schaffen –  z.B. Physiotherapeuten, Tänzer, Schauspieler – leichter Modell-Stehen als andere.

L: Du machst es einem aber auch leicht. Du hast so eine offene und herzliche Art. Und dir ist es wichtig, dass es die Modelle gut haben. Dass es bequem ist, es Musik hat, die Posen nicht zu lange sind. Ausserdem gibst du Rückmeldungen, wenn was gut ist – und auch, wenn was mal nicht so stimmig ist. Damit hilfst du deinen Modellen.

Aktzeichnen 1

Ein Blick in den Zeichen-Saal der GBS St.Gallen.

Ein Modell ist was anderes als ein ausgestopfter Fuchs

Musik, eine bequeme Unterlage – reicht das, damit etwas Gutes zwischen Modell und Zeichner entsteht? C: Schön wär‘s. Aber nein, es reicht nicht. Was es auf alle Fälle auch braucht: Vertrauen, Entspannung, gegenseitiges Interesse und – besonders wichtig – Respekt. Der Zeichnende muss sich bewusst sein, dass es ein Geschenk des Modells ist, wenn es sich zeichnen lässt und derart exponiert. Aus dem Grund gebe ich meinen Schülern feste Regeln für das Verhalten im Zeichensaal vor. Es ist nämlich ein Unterschied, ob ein Modell kommt oder man einen ausgestopften Fuchs zeichnet. Bei mir müssen die „Youngsters“ – also die Auszubildenden im Vorkurs –  erst mal 10 Minuten selber in Kleidung Modell stehen. Dann wissen sie, wie sich sowas anfühlt und wie anstrengend es ist.

Liliana, tönt ganz so, als ob du es noch eine Weile bei Claudia aushalten wirst. L: Ganz sicher. Auch wenn ich wegen meiner Berufstätigkeit nicht mehr so viel Zeit habe wie früher, um diesen spannenden Nebenjob zu machen. Aber solange ich noch das Gefühl habe, dass es Menschen Spass macht, mich zu zeichnen, stehe ich Modell. Und hin und wieder schenkt mir einer der Zeichnenden auch eines der Bilder, die er von mir gefertigt hat. Das berührt mich dann immer wieder sehr.

Liebe Liliana, liebe Claudia, herzlichen Dank für das Gespräch!

 

Wer sich selber einmal im (Akt-)-Zeichnen erproben möchte findet hier Kurse an der GBS St.Gallen

 

„unbekannte werke“ – harlis schweizer (sg)

„Unbekannte Werke“, so nennt Harlis Schweizer die Arbeiten, die sie seit dem Wochenende in der Galerie vor der Klostermauer in St. Gallen präsentiert. Unbekannt sind die Arbeiten nicht unbedingt alle. Das ein oder andere scheint vertraut. Dafür stellen sie einen wunderbaren Querschnitt dessen dar, was Harlis Schweizer in den letzten Jahren erschaffen hat. Und sie geben Einblick in verschiedene Entwicklungs- oder vielmehr Ausdrucksstufen der Künstlerin. Es macht Spass, sich die bunten Werke in St. Gallens kleinster und schnuckeligster Galerie anzuschauen – bis 4. Oktober besteht die Chance dazu. 

Wenn ich an Arbeiten von Harlis Schweizer denke, und überlege, an welche bekannten Künstler mich ihre Formsprache am meisten erinnert, dann kommen mir zunächst Matisse und dessen Fauvismus sowie David Hockney mit seinem Fotorealismus in den Kopf.

Foto 3Fauvismus – Pop Art -Fotorealismus

Beide Künstler gefallen mir, obwohl der eine so schwungvoll den Pinsel jagt und der andere so fotorealistisch akribisch vorgeht – gerade in den bekannteren Arbeiten. Und ich mag auch die Farben, zu denen die zwei greifen. Und gerade das ist es, was mich auch an Harlis Schweizer so fesselt: Mal „wild und ungenau“, mal mit scharfen Umrisslienien sind ihre Motive präsentiert. Und bei ihrer Farbwahl bringt sie mal nur zwei Farben zusammen, dann wieder packt sie eine riesige Palette aus und traut sich auch ganz unerwartete Farben-„Partner“ auf den Bildträger zu setzen.

 

Zum Beispiel bei diesem Bild: Foto 1Da dominiert unbuntes Grau fast die gesamte Fläche. Nur der Einblick in den Innenraum, der mit der am Fenster stehenden Frau fast an niederländische Interieur-Bilder der Barockzeit anmutet, liefert Farben. Aber auch die sind eben dezent, zurückgenommen und – zumindest für mich auf den ersten Blick – nicht richtig sexy.

Hellgelb, rosa/abricot, mintgrün. Was toll ist: Beim längeren Hinschauen wird jede Farbe für sich ganz klar und stark, drängt das Grau zurück und vermittelt so vollkommen den Eindruck, in ein hell beleuchtetes Zimmer zu blicken. Dabei tun die unscharfen Umrisslinien ein Übrigens, um das Gefühl von Licht zu verstärken.

Es gibt natürlich noch VIEL mehr zu beschreiben – aber: selber entdecken – selber anschauen!

Hier Ort und Öffnungszeiten: Galerie vor der Klostermauer. Und hier die Website der Künstlerin: Harlis Schweizer