„Kunst und Bau sind ein Traumpaar“

Regierungsrat Martin Klöti über „Kunst am Bau“.

Martin Klöti, Regierungsrat des Kantons St.Gallen und Vorsteher des Departements des Innern, ist der Mann in der ersten Reihe, wenn es um kulturelle Projekte und Finanzierungen dafür geht. Trotz des oft eisigen Gegenwinds, der ihm seitens mancher Politiker-Kollegen entgegen bläst, will er auch weiter für Kulturelles, wie etwa Kunst am Bau, kämpfen. Er findet nämlich, dass Kultur und Kunst die Lebensqualität steigern. Und er legt nach: Beides sei auch ein wichtiger „Trumpf im Standortwettbewerb“. Mehr erläutert der FDP-Mann hier. 

Herr Klöti, bei den Kunstschaffenden herrscht Aufruhr. Schuld ist die Tatsache, dass kürzlich zum dritten Mal an einem öffentlichen Bau keine Gelder für Kunst am Bau bewilligt wurden. Obgleich doch eigentlich gesetzlich verankert ist, dass 1% vom Gesamtbetrag dafür genutzt werden soll. Können Sie als zuständiger Kulturminister die Aufregung verstehen? Hier handelt es sich um ein Missverständnis der Medien (das nicht mehr aus deren Köpfen zu kriegen ist): Bisher haben wir bei allen kantonalen Bauvorhaben „Kunst am Bau“‘-Konzepte umgesetzt: Ausnahme wird nun einzig das Klanghaus werden. Die Medien führen jeweils als weitere Beispiele das Bundesverwaltungsgericht (BVG) und die FHS an. Beim BVG war der Bund für die Kunst zuständig und wollte die Ausstattung aus den eigenen Beständen vornehmen. Zur Erinnerung: das BVG wurde zwar durch den Kanton, aber für den Bund gebaut. Bei der FHS haben wir den Kredit für die fachgerechte Aufbewahrung des Erkervermächtnis, bzw. deren kontinuierlichen Ausstellung einsetzt.

Bei den Spitalbauten wird seit jeher auf Kunst am Bau verzichtet. Es ist jeweils ein Kredit in der Ausstattung vorgesehen für den aber nicht das kantonale Hochbauamt sondern der Spitalbetrieb zuständig ist.

Es gibt keine Kantonale Verordnung oder ein Gesetz, das ein Kulturprozent definiert. Die Regierung hat sich aber dazu geäussert und festgehalten, dass situativ “Kunst am Bau“ vorzusehen sei. Wobei der Betrag dem Gebäude angemessen sein soll. Und noch was am Rande: worauf würde sich denn dieses Kunstprozent beziehen? Auf die Anlagekosten oder auf die Baukosten oder ….

„Ich verstehe die Enttäuschung der Künstler“

Fazit: Es gibt keine gesetzlich verankerte Vorgabe, dass 1% des gesamten Bauvolumens für Kunst am Bau verwendet werden soll/muss. Bei der 1%-Klausel handelt es sich meines Wissens um eine Empfehlung der visarte. Die Empfehlung ist sinnvoll, soll aber Empfehlung bleiben. Und eine Erinnerung, die Kunst nicht zu vergessen. Gute Kunstwerke weisen ausserordentliche Eigenschaften als Katalysator, Verstärker, Echoraum und Seismograph zu Vorgefundenem, Verschwundenem, Kommenden auf. Da sind Kunst und Bau geradezu ein Traumpaar. Ich verstehe die Enttäuschung der Künstlerschaft auch insofern, als Kunst am Bau ein wichtiges Werkzeug der Förderung ist und zudem als komplexe Herausforderung auch eine sehr interessante Aufgabe.

Gerade der Kanton St. Gallen mit seiner Hauptstadt und deren berühmten Erkern sowie dem Stiftsbezirk ist stolz auf eine lange Tradition von „Kunst am Bau“. Geht’s mir dieser aus Ihrer Sicht wohl langfristig den Bach hinab? Die Tradition der Erker ist eine architektonische und in der Zeit verankerte Tradition. Sie sind zudem privaten Bauherrschaften zu verdanken, die sich ihre Verdienste über die Erker manifestieren. Oft sind es Textilkaufleute gewesen, die dieses „Fenster“ zur Repräsentation benutzt haben.

Regierungsrat Martin Klöti Aufnahme : Regina Kühne

Regierungsrat Martin Klöti vor einem Bild des Künstlers Simon Hauser (Foto: Regina Kühne)

Um eine Tradition weiterzuentwickeln, ist es sehr wichtig, Architekturbüros und Künstler/innen beizuziehen und auszuwählen, die den Aufgaben gewachsen sind, sei es durch langjährige Erfahrung und/oder innovativen Umgang mit den gegebenen Parametern – insbesondere bei grösseren Bauvorhaben. Mit dem Bundesverwaltungsgericht zum Beispiel, aber auch mit dem Verwaltungszentrum am Oberen Graben, einem Umbau einer historischen Bausubstanz, können wir gelungene Bauten in sensiblen Zonen vorzeigen.

Sparen muss ja heute jeder und überall. Warum aber wird etwa beim „Kunst am Bau“ immer wieder rigoros gestrichen? Man könnte doch sagen:  1 % können wir zwar nicht leisten. Aber 0,5% lägen noch drin. Das wird auch so gemacht. Jüngstes Beispiel im Kanton, das im April eingeweiht wird, ist das Forschungszentrum, ein Neubau innerhalb der Hochschule Rapperswil. Dort werden gerade „Kunst am Bau“-Arbeiten von Peter Kamm, Roman Signer und Loredana Sperini installiert bzw. im Frühling eingeweiht.

Die NZZ hat Sie 2015 als „bunteren Regierungsrat“ betitelt. Sie sind kein Mensch, der das Graue liebt. Befürchten Sie persönlich nicht eine zunehmenden „Tristesse“ des Stadt- und Landschaftsbildes, wenn „Kunst am Bau“ nicht mehr zum Zuge kommt? Und im schlimmsten Fall sogar eine Attraktivitätsminderung der gesamten Region? Ich setze mich dezidiert für Kunst und Bau sowie für Stadt- und Landschaftsplanung ein. Es geht um mehr als um Schmuck und Attraktivitätssteigerung. Es geht um Verantwortung gegenüber der Lebensqualität in unserem Alltag, um Identität, Stolz, Respekt gegenüber unserem Lebensraum. Kunst hilft, unsere Wahrnehmung zu schärfen, den Blick auf die Welt offen zu halten. Gerade bei öffentlichen Bauten und im öffentlichen Raum kann dies wunderbar selbstverständlich geleistet werden.

Sehr geehrter Herr Klöti, herzlichen Dank für dieses Interview!

 

Wissenswertes zu Martin Klöti entdeckt man auch an diesen Stellen im Netz:

WebsiteSRF-Beitrag, NZZ-Artikel oder in der Thurgauer Zeitung