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Lukas Schneeberger, St. Gallen (SG)

Wer Lukas Schneeberger ist: 1983 geboren in Zürich, aufgewachsen in Fasnacht/ TG. Seit 2004 arbeitet und lebt der künstlerische Autodidakt in St.Gallen. Website Lukas Schneeberger

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Lukas Schneeberger über sein künstlerisches Arbeiten:

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand freiwillig malt oder zeichnet. Bei mir ist das ein innerer Zwang zu arbeiten. Ich arbeite 100% in meinem Tagesjob und muss danach noch ins Atelier arbeiten gehen. Die Meisten meinen immer, Malen sei eine Freude und ein Hobby. Es ist aber mehr ein innerer Zwang- ein Müssen. Malen ist körperlich und kognitiv anstrengend. Der Prozess ist kein angenehmer.

Da bei meinen Arbeiten alles schnell gehen muss und ich das Material verschwenderisch in grossen Mengen verwende, arbeite ich hauptsächlich mit Dispersion und Spraypaint und Acryl.“

 

Künstler entdecken – HEIMSPIEL-Doku-Stelle gucken

Alle drei Jahre findet in der Ostschweiz ein öffentlich ausgeschriebener Kunstwettbewerb für die bildenden Künste statt. Er heisst HEIMSPIEL. Künstlern, denen es gelingt, die Jury von ihren Arbeiten zu überzeugen, winkt die grosse Chance, in einem etablierten Museum ein Werk auszustellen. Dass dabei natürlich nur ein Bruchteil der über 460 Bewerber zum Zuge kommt, ist klar. Doch auch die anderen erhalten eine Plattform für die Präsentation ihres Wirkens: Im Rahmen einer für das Publikum zugänglichen Doku-Stelle! Dieses Jahr ist diese im Nextex St.Gallen. DIE Gelegenheit für Kunstinteressierte, noch unentdeckte Talente aufzuspüren.

Ab 11. Dezember bis 21. Februar 2016 gibt es an vier Tagen in der Woche die Möglichkeit, hunderte von Dossiers zu durchschmökern und sich einen fabelhaften Überblick über das intensive Kunstschaffen der Ostschweiz zu verschaffen. Ich persönlich finde es eine klasse Gelegenheit, sich einmal ausserhalb eines Museums eine eigene Meinung zu Kunst zu bilden. In Museen hat man ja meistens den Druck, alles , was gezeigt wird, als Kunst zu wertschätzen. Selbst dann, wenn man nichts damit anfangen kann. Aber irgendein Kurator hat einem das nun vor die Nase gesetzt. Und ausserdem hat man teuren Eintritt bezahlt. Das Kunstwerk kritisch zu hinterfragen traut man sich fast garnicht mehr….

Freiraum für die eigene Meinung

Die Doku-Stelle hingegen gibt Raum, nach Lust und Laune zu gucken, zu bewundern und auch verständnislos den Kopf zu schütteln. Dabei ist sie in diesem Jahr fast selbst sowas wie ein Kunstwerk. Mittels einer Holzinstallation, die ein bisschen an einen riesengrossen Gartenzaun erinnert, werden alle Dokus knapp unter der Decke aufgereiht. Man muss also etwas Engagement an den Tag legen, um sich der Kunst anzunähern: nämlich hinauf klettern und sich ein auserwähltes Dossier schnappen.

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Ein anderes „Nice-to-have“, das den Besuch der Doku-Stelle lohnenswert macht, ist der Spielautomat „Kunst-Bandit“. Drei gleiche Symbole bringen einen Gutschein. Als Preise winken Atelierbesuche sowie persönliche Gespräche mit Kurator_inn_en und Künstler_inn_en.

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Geöffnet ist die Doku-Stelle bis und mit 21. Februar 2016 jeweils

Di / Sa / So 13 – 17 Uhr , Do 13 – 22 Uhr

Am 24., 25. und 31. Dezember 2015 sowie am 1. Januar 2016 bleibt sie geschlossen.

 

Und alle Infos zum Heimspiel, den teilnehmenden Künstler_inn_en und Museen gibt es bei Alles übers HEIMSPIEL.

 

 

 

Johanna Klasing, St. Gallen (SG)

Wer Johanna Klasing ist: geboren am 11. November 1956 lebt und arbeitet die Künstlerin heute in St. Gallen. Sie ist freischaffende Schriftstellerin und bildnerisch tätig. Mehr zu Johanna Klasing hier

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Zum Werk: Klip-Klap ; zeigt verschiedene Perspektiven eines Vorganges, den des Schaukelns. In einer seriellen Abfolge einzelner Bilder wird so die Bewegung zeichnerisch sichtbar gemacht. Dabei wird ohne Absicht die Empfindung von Raum neu definiert.

 

Andrea Giuseppe Corciulo (SG)

Wer Andrea Giuseppe Corciulo ist: 1972 geboren. In Teufen aufgewachsen. Lebt und arbeitet heute in St.Gallen. 1994-1998 besuchte er die Höhere Schule für Gestaltung.

Auszeichnungen und Preise (Auswahl): 2008 Förderpreis der Stadt St.Gallen ; 2007 Förderpreis UBS Kulturstiftung; 2006 Atelierstipendium in der Cité International des Arts, Paris; 2005 Atelierstipendium in Rom, Kanton St.Gallen; 2002 Werkbeitrag des Kanton St.Gallen. Mehr über ihn auf Tumblr: Website

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Zum aktuellen Projekt „floating“: 

„floating“ lautet der Titel des neusten Projekts von Andrea Corciulo. Für seine aus mehreren Werken bestehende Serie löst der Künstler die klassische Papiercollage aus der 2-Dimensionalität auf und überführt sie in eine 3-dimensionale Wahrnehmung. In mehreren Arbeitsschritten inszeniert und fotografiert er die Collage. Das Endprodukt ist ein Fotoabzug, die Originalcollagen werden zerstört. Mit einer besonderen Art der Beleuchtung erzeugt der Künstler Schatten, welche die einzelnen Bildelemente in den Zustand des Schwebens zu versetzen scheinen.

Aktuell zeigt der Künstler „floating“ im Projektraum Nextex im Rahmen einer Gruppenausstellung mit Rahel Müller und Simon Gehrig. Noch bis 26.November.

Im Atelier bei Rik Beemsterboer (SG)

Neugierig auf Rik Beemsterboer und seine Malereien bin ich eigentlich im Jahr 2013 geworden. Damals gab‘s eine Einzelausstellung von ihm im Architekturforum St. Gallen mit klasse Werken, die sich irgendwo im Grenzbereich zwischen Objekt und Gemälde bewegten. Umso toller fand ich es, dass er Laune hatte, nun ein kleines Interview mit mir zu führen. Meine ursprünglichen Fragen an ihn habe ich aber schnell über den Haufen geworfen. Denn was er mir in seinem Wittenbacher Atelier über „musikalische Landscapes“ oder die Gesichter von Amokläufern erzählt hat, war einfach viel spannender…

Als allererstes, bitte eine kleine Vorstellung: Wer bist du eigentlich?  (lacht) Ich bin der Rik. Ich bin in Holland geboren und hatte eigentlich immer ein bisschen was von einem Unruhestifter in mir. Künstler wollte ich nie werden. Bis ich zehn wurde, wollte ich allerdings Bauer werden. Mittlerweile male ich aber seit 25 Jahren. Und ich bin verheiratet und habe zwei Kids.

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Rik Beemsterboer

Du wolltest nie Künstler werden und bist es nun doch? Wie kam es dazu? Schule war nicht so mein Ding. Nach dem Schulabschluss wollte ich nie mehr was mit Noten und Büchern zu tun haben. Damals habe ich gerne fotografiert. Mein Onkel sah Fotos von mir und meinte, die seien richtig gut und ich solle mich doch mal an der Akademie bewerben. Ich hab‘s versucht und wurde an der A.K.I  Academy of Art and Industrial design in Enschede (NL) angenommen.

Heute bist du aber als Maler bekannt, nicht als Fotograf. Oder habe ich da was Wichtiges verpasst? Die ersten beiden Jahre an der Akademie waren offen. Da konnte man viel Verschiedenes ausprobieren. Im dritten Jahr habe ich Fotografie fallenlassen. Irgendwie gab es da keine spannenden Sujets zum Fotografieren. Damals kam gerade Video als neue Richtung auf. Ich habe also das versucht. Aber es war auch nicht das richtige für mich: Zu viel rumsitzen, zu oft Filme schneiden. Also weg damit. Und dann habe ich die Malerei entdeckt und bin seitdem bei der geblieben.

 Ich musste mich für Malerei oder Musik entscheiden

Malerei wurde da also zu sowas wie einem Lebensinhalt? Ach nein (schmunzelt). So krampfig darf man das nicht sehen. Man kann sooo viel ausprobieren. Ich hatte nie ein festes Ziel im Kopf. Während dem Studium habe ich auch Saxophon in einer Band gespielt. Da haben wir zum Beispiel musikalische Experimente gemacht. Mit Stimme, Saxophon, und das dann technisch verändert. Wir nannten es „musikalische Landscapes“ und haben es bisdamit bis nach New York und Japan ins Radio geschafft.image1 (1)

Uff. Das überrascht mich jetzt. Und wie ging es weiter? Hast du eine Karriere als Musiker geplant? 1992 war mein Abschlussjahr an der Akademie. Da musste ich mich entscheiden, Musik oder Kunst zu machen. Ich entschied mich für Kunst und bin nach Amsterdam gezogen. Dort hab‘  ich immer gemalt und nebenbei zwei Tage die Woche in einem Shop gearbeitet. So kam ich knapp über die Runden. Und im Jahr 2000 bin ich dann der Liebe wegen in die Schweiz. Hier habe ich zusätzlich zur Malerei angefangen als Werklehrer zu arbeiten und auch noch die pädagogisch-didaktische Ausbildung gemacht.

Okay. Jetzt muss ich wirklich mal nach deiner Malerei fragen. Wie malst du? Was interessiert dich? Wo nimmst du deine Themen her? Oh, du willst ja ganz schön viel auf einmal wissen. Na, fang‘ ich mal an…. Eine Weile habe ich abstrakt gemalt. Dann wurde mir das zu langweilig. Ich bin also zum Realismus gewechselt und hatte dann auch erste Ausstellungen. Da ich ein Beobachter bin, interessiert mich so ziemlich alles. Ich schaue, was in der Welt um mich rum passiert. Dann drängen sich auch schon Themen auf, mit denen ich mich auseinandersetzen will.

Unheimlich, so ein Attentäter mit Kindergesicht

Nenne doch mal ein Beispiel. Also eines davon ist die Serie „Amokläufer in Schulhäusern“. 2009 gab es doch diesen Anschlag in Winningen (DE). Mit insgesamt 16 Toten.  Am nächsten Tag war das in der Zeitung. Und am übernächsten war es gleich vergessen. Da bin ich so frustriert gewesen. Über die Menschen. Und auch über mich selbst.  Denn man hat das so schnell wieder aus dem Kopf gehabt. Ich dachte: „Meine Güte, wie sind wir Menschen nur?“ Das hat mich wahnsinnig gestört. Und deshalb habe ich dann angefangen,  mich dem Thema „Amoklauf“ zu nähern. Und zwar durch Bilder von Tätern. Zu dieser Zeit wollte ich sowieso Porträts malen und da war das ein guter Anlass.image2

Wie bist du genau vorgegangen? Ich begann im Internet zu recherchieren, wann man denn eigentlich das erste Mal einen Amoklauf geschichtlich festgehalten hat. Und ich bin auf das Jahr 1927 gestossen. Ich fand ein altes Foto. Damals hat wer ein ganzes Schulhaus in die Luft gesprengt. Ich war völlig schockiert von der Erkenntnis, dass Amoklaufen also kein neues Phänomen ist. Ich habe auch bei Psychologen recherchiert. Anscheinend gibt es da gewisse Zusammenhänge zwischen solchen Taten und beispielsweise Gemobbt-Werden, der Verabreichung bestimmter Psychopharmaka an jugendliche Täter oder den sogenannten „egoshooter games“.  Aber sicher ist es sehr schwierig, da Kausalitäten herzustellen und man muss sehr vorsichtig damit sein.

Abschliessend wüsste ich noch gerne, wie die konkrete Serie entstanden ist. Ich malte Fotos der Amokläufer ab. 25 Stück. Es waren liebe Fotos. Ganz harmlos. Die meisten der Täter waren Jungs, noch richtige Kinder. Manche waren gerade mal elf oder 14 Jahre alt. Diese Einsicht war unheimlich und erschütternd und hat auch mein Malen begleitet. Aber ich denke, dass spürt man als Betrachter der Serie auch. Ich hoffe es zumindest. Denn ich wollte damit aufrütteln. Ich wollte die Bilder ausstellen und den Menschen sagen: „ Vergesst nicht immer so schnell.“

Rik, vielen Dank für die Zeit, die du dir für dieses Interview genommen hast.

 

Anmerkung von „Der Puck“: Rik hat mir noch viel, viel mehr Lesenswertes berichtet. Leider sprengt das aber den Rahmen eines Blogs. Seine Holzarbeiten beispielsweise kommen hier gar nicht zur Sprache, was sehr schade ist. Wer mehr wissen will, sollte sich auf seiner Website informieren. Oder bei den Galerien, die Rik Beemsterboer in St.Gallen, Zürich und Altendorf vertreten.

Claudia Valer, St. Gallen (SG)

Wer Claudia Valer ist: geboren 1974. Bis 1987 in Spanien aufgewachsen. Ab 1996, nach Abschluss des Lehrerseminars, bis 2005  längere Aufenthalte in Peru. Lebt und arbeitet seit 2005 in St. Gallen. 2005 – 08: Studium von Vermittlung von Kunst und Design an der ZHdK. Website von Claudia Valer

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Claudia Valer ( ohne Titel), 2015

Zum Werk: Claudia Valers Arbeiten sind meist Werke in Öl auf Leinwand und realistisch (surrealistisch) gehalten. Dabei dienen fotografischen Vorlagen (eigene Fotos, Zeitungsbilder) als erste Inspirationsquelle und Ausgangspunkt. Ihre Themen kreisen um den Menschen, seine Realität, sein Denken und stellen diese Motive ins Zentrum.

 „Claudia Valer über die Entstehung des Werkes: 

„Dieses Bild stammt aus einer Serie, in welcher alle Bilder auf Zeitungsfotos basieren. Ich kaufte an dem Tag, an dem ich mit einem Bild begann, eine Tageszeitung. Aus dieser Tageszeitung kombinierte ich verschiedene Bilder miteinander. Themen, die angeblich nichts miteinander zu tun haben, treten im gemalten Bild neu in Verbindung zueinander. Bei den meisten Bildern waren es zwei Zeitungsfotos. Bei diesem Bild sind es vier. 
Die Tagespresse interessiert mich seit längerem. Einerseits finde ich die Frage interessant, wie Themen für die Zeitung ausgewählt werden. Wer bestimmt wann und weshalb Themen und Ereignisse, die relevant sind, für wen? Die Zeitungen sind voll von Kriegen, Epidemien und anderen schlimmen Zuständen. Wie können wir Leser das alles verkraften? Die Zeitung wird gelesen, nach einigen Artikeln ist man kurz sehr betroffen, man blättert weiter, ist erneut erschüttert, traurig, nachdenklich, betroffen, man blättert weiter, liest weiter. Und legt die Zeitung zum Schluss ins Altpapier. Das war’s.
Beim Malen mit Öl gebe ich gewissen Themen mehr Zeit. Die unterschiedlichen Themen, welche in der Zeitung behandelt werden, haben oft mehr miteinander zu tun als auf den ersten Blick sichtbar ist. Durch die Kombination im Bild treten sie in eine andere Dimension, über das Tagesthema hinaus.“

 

Simon Gehrig (AI)

Wer Simon Gehrig ist: 1979 geboren, 1999 Berufslehre Elektroinstallateur, 2013 HF Bildende Kunst St.Gallen, 2012 bis 2015: Ausstellungen in St. Gallen, Herisau, Zürich-  Mehr zu Simon Gehrig.

 

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Das sagt Simon Gehrig über seine Arbeiten:

„Ich widme den Schicksalen Zeit und Energie. Picke einzelne Menschen heraus und gebe ihnen eine Bühne. Der Mensch sieht einen Augenblick lang zu mir herüber, fragend, sagend, stumm. Er ist in diesem Moment, wie er ist, hat vieles hinter sich und erzählt davon. Er ist präsent. Der Schwarz/Weiss Kontrast soll die Essenz und Grundaussage verdeutlichen. Die Menschen heben sich vor dem neutralen Hintergrund ab und wirken verhärtet, anonymisiert. Sie stehen im Schatten der Ereignisse. Sie blicken aus dem Schatten ihrer Geschichte in unsere behütete Welt herüber.

Ich setze mich Fragen aus, die das Miteinander betreffen. Was soll ich tun? Inwieweit bin ich verantwortlich für andere Leben?“

 

versicherungen: tipps für kunstschaffende

Versicherungen auf Bedürfnisse zuschneiden!

Versicherungen… das ist so eine Sache für sich. Welche braucht man? Wieviel kostet so was? Welcher Anbieter ist für einen persönlich der richtige? Und stimmt es, dass die meisten Leute ohnehin „überversichert“ sind? Gerade Kunstschaffende, die oft selbstständig tätig sind und nicht automatisch vom Arbeitgeber die wichtigsten Versicherungsdinge geregelt kriegen, kommen hier gelegentlich ins Schwimmen. Ich habe mich mit Willi Baldegger unterhalten. Er hat  jahrzehntelange Erfahrung in der Versicherungs-Branche und berät auch Klienten aus dem Kunstbereich.

Langjähriger Versicherungs-Treuhänder

Willi Baldegger ist seit langem Versicherungs-Treuhänder

Was muss ich bei der Wahl meiner Versicherungen beachten?

Baldegger: „Zunächst sollte jeder Einzelne sein Risikoprofil mit einem Versicherungsprofi anschauen. Jeder sollte sich individuell in den Bereichen versichern, wo er für sich persönlich das grösste Risiko sieht und vor dem er sich am meisten fürchtet. Da kann man nicht zu sehr verallgemeinern.

Welche Risiken können das sein?

Baldegger: „Ein grosses Risiko bei Selbstständigen ist sicher die Arbeitsunfähigkeit infolge von Unfall oder Krankheit. Vor allem, wenn sie über längere Zeit dauert.“

Gibt es da eine „goldene Regel“, die man beherzigen sollte?

Baldegger: „Vom Grundsatz her sollte man DAS versichern, was sehr teuer werden kann. Beträge um die 500-1000 CHF… das kann man noch selbst bewerkstelligen. Aber ein Feuerschaden… oder wenn die Existenz der Familie betroffen ist.. da müsste man für Absicherung sorgen.“

Welche Versicherungen hältst du persönlich für sinnvoll?

Baldegger: „Meine Empfehlungen für Selbstständige wären – neben den Pflichtversicherungen: Erwerbsunfähigkeit, Familienschutz, Haftpflicht. Auch in die Altersvorsorge zu investieren ist sicher eine gute Sache. Aber das ist sehr von den finanziellen Möglichkeiten abhängig.  Man kann aber auch schon mit „Kleinvieh“ anfangen (100-200 CHF pro Monat) und in die Säule 3a einzahlen. Je jünger man anfängt, umso grösser wird die Wirkung. Wenn man mal 55 Jahre alt ist und  erst dann anfängt, bleibt nicht mehr viel Zeit… Trotzdem würde ich meinen: Ein jüngerer Künstler sollte primär einen eventuellen Arbeitsausfall versichern.

Wann ist eine Feuerversicherung ratsam?

Baldegger: Eine Feuerversicherung würde ich bei hohen Materialwerten empfehlen.

Materialwert ist aber nur der eine Aspekt, oder? Denn Materialien sind ja oft „günstiger“ als der eigentliche Wert eines Kunstwerkes…

Baldegger: Das ist tatsächlich ein Problem. Bei Kunstwerken kann man einen möglichen Gewinn in der Regel nicht versichern, nur den Materialwert und die Arbeitszeit. Wenn z.B. ein Bild verbrennt, das 2’000 CHF Materialwert hat und bei dem man 1’000 CHF für die Arbeitszeit verrechnet, sind das lediglich 3’000 CHF. Wenn das Bild schon verkauft war, z.B. für 15’000 CHF, und am Abend vor der Auslieferung brennt‘s und alles ist weg, dann werden die 15’000 fällig. Dafür braucht‘s aber die Vorlage eines Kaufvertrags oder, falls das Bild im Voraus bezahlt wurde, Quittungen.

Und ein Wort zum Schluss?

Baldegger: Jeder Mensch, hat andere Bedürfnisse. Daher sollte man sich beraten lassen, um die ideale Versicherungs-Zusammenstellung zu finden. Wenn man zum Beratungsgespräch kommt, wird zunächst der Bedarf aufgenommen. Dann schaut man, was schon da vorhanden ist, z.B. Krankenkassen-Versicherungspolicen usw… erst dann überlegt man sich, was für ein Handlungsbedarf entsteht und was man eventuell noch aufnehmen muss. Und auch, was man vielleicht „rauskicken“ kann. Sinnvoll ist sicher, Angebote von verschieden Anbietern zu vergleichen. Denn die Prämienunterschiede sind oft riesengross. Wer gibt schon gerne mehr Geld aus als unbedingt nötig? Ein neutraler Versicherungs-Treuhänder, der seine Dienste in der Regel kostenlos anbietet, kann da eine gute Ansprechperson sein.

Und zu guter LETZT: Da Versicherungen kompliziert sind, je nach Sparte und nach Kanton oder gar Gemeinde unterscheidlich geregelt sind, wendet man sich am besten für detaillierte Infos an die Berufsverbände. Hier eine Auswahl der wichtigsten:

Schauspiel/Theater: ACT, Berufsverband der freien Theaterschaffenden ACT sowie Schweizer Bühnenkünstlerverband SBKV

Bildende Kunst: Visarte, Berufsverband visuelle Künstler Schweiz Visarte

Tanz: DansSuisse, Berufsverband der Schweizer Tanzschaffenden Danssuisse

Musik: Verein Musikschaffende Schweiz Musikschaffende

Und wer sich einmal ganz generell informieren will, kann sich an Willi Baldegger wenden: willi.baldegger.beratungen@gmail.com

 

Schreibt mir! Mit welchen Versicherungen habt ihr gute Erfahrungen gemacht? Welche Anlaufstellen helfen kompetent weiter? Her mit euren Infos!

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Alessandra Beltrame sagt über sich:

Der Kern meiner Kunst sind die Grundprinzipien von Demokratie und Freiheit. Die Projekte und Installationen entstehen meist vor Ort. Es braucht Zeit, um Kunst von Hand herzustellen. Und es braucht meine Anwesenheit als Künstlerin, als Mensch. Diese „Präsenz“ vor Ort verleiht meinen Arbeiten eine Dimension der Tiefe.

Website Alessandra Beltrame

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REFUGEE BOAT 2015. Installation (aus Gras) , Ausschnitt, Salem Art Works NY 2015

Jeder einzelne Grashalm ist ein Mensch.

In einem Boot, in einem Ozean,

in eine andere Zukunft.

 

 

 

 

ein modell ist kein ausgestopfter fuchs

Kleider runter, stillstehen, Geld verdienen? Klingt toll und eigentlich ganz einfach. Zumindest, wenn man gerne die Hüllen fallen lässt und nicht schnell friert… Oder gibt’s noch mehr, was es zum Beruf des „Akt-Modells“ zu sagen gibt? Ich habe einmal nachgefragt: bei Liliana Koller, Jahrgang 1988, berufstätige Sozialpädagogin und  Aktmodell im Nebenjob. Und bei Claudia Züllig, Aktzeichnerin und Lehrerin an der Schule für Gestaltung. In welchem Fach wohl? Na klar!

Liliana, du hast „Soziale Arbeit“ studiert, bist in diesem Berufsfeld auch seit letztem Jahr berufstätig und arbeitest nebenbei als Aktmodell. L:  Ja, das ist irgendwie lustig. Aber es scheint in der Familie zu liegen. Ich habe noch vier Schwestern, die auch schon alle Modell standen – meine Mutter übrigens auch.

Wie bist du an den Job gekommen und was gefällt dir daran?  L: Ich bin vor 7 Jahren über eine meine Schwestern dazu gekommen. Angefangen habe ich dann, weil mich als Studentin einerseits der finanzielle Aspekt gelockt hat. Andererseits fand ich aber auch den Kontakt zu den Kunstschaffenden klasse. Ich hatte vorher schon die gestalterische Maturität gemacht und war von Kunst fasziniert.

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Liliana als sitzender Akt. Gezeichnet von Claudia.

Claudia, du bist eine dieser Kunstschaffenden. Während des Zeichnens bist du „auf der anderen Seite“, sezierst Liliana praktisch mit Blicken. Wie fühlt sich das an? C: Ich empfinde das Aktzeichnen gar nicht als „sezierend“. Es ist für mich etwas Prüfendes. Ein Bezugnehmen auf eine Form, oder eher noch: eine Gegenform. Das Modell ist sowas wie eine beseelte Landschaft. Das ist stimulierend. Ich empfinde Aktzeichnen als belebend, weil ich mich da total fokussiere und den Kopf von allem anderen frei mache.

 Aktzeichnen ist Teamwork zwischen Zeichner und Modell

Liliana, dir geht es in diesem Moment des Gezeichnet-Werdens doch sicher anders? Oder? L: Der Blick der Zeichnenden hat mich nie gestört. Ich habe ein gutes Körpergefühl und mir war es auch nie unangenehm, angeschaut zu werden, wenn ich nackt bin. Am Anfang dachte ich zwar noch, ich muss mich verrenken, damit die Pose gut aussieht. Ziemlich bald habe ich aber gemerkt, dass ich mich wohl fühlen muss, damit was Gutes rauskommen kann.  Und ich darf mich sogar mal bewegen, hab ich gemerkt und muss nicht stocksteif dastehen.

Das tönt kinderleicht, wenn Liliana erzählt, wie man Modell steht. Wie siehst du das als Lehrerin, Claudia? Ist es so einfach?  C: (lacht): Nein, das ist es sicher nicht. Ein gutes  Modell muss bei sich sein. „Anwesenheit“ ist das Zauberwort. Es funktioniert nicht, wenn eine Person einfach nur da ist. Auch wichtig: Ein erfahrenes Modell muss sich so geben, dass es für das Modell persönlich stimmt. Dazu gehören ein zufriedenes Körpergefühl und eine gute Körperspannung. Dann passt es auch für den Betrachter. Ich habe schon oft gemerkt, dass Personen, die im Alltag mit ihrem Körper „schaffen –  z.B. Physiotherapeuten, Tänzer, Schauspieler – leichter Modell-Stehen als andere.

L: Du machst es einem aber auch leicht. Du hast so eine offene und herzliche Art. Und dir ist es wichtig, dass es die Modelle gut haben. Dass es bequem ist, es Musik hat, die Posen nicht zu lange sind. Ausserdem gibst du Rückmeldungen, wenn was gut ist – und auch, wenn was mal nicht so stimmig ist. Damit hilfst du deinen Modellen.

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Ein Blick in den Zeichen-Saal der GBS St.Gallen.

Ein Modell ist was anderes als ein ausgestopfter Fuchs

Musik, eine bequeme Unterlage – reicht das, damit etwas Gutes zwischen Modell und Zeichner entsteht? C: Schön wär‘s. Aber nein, es reicht nicht. Was es auf alle Fälle auch braucht: Vertrauen, Entspannung, gegenseitiges Interesse und – besonders wichtig – Respekt. Der Zeichnende muss sich bewusst sein, dass es ein Geschenk des Modells ist, wenn es sich zeichnen lässt und derart exponiert. Aus dem Grund gebe ich meinen Schülern feste Regeln für das Verhalten im Zeichensaal vor. Es ist nämlich ein Unterschied, ob ein Modell kommt oder man einen ausgestopften Fuchs zeichnet. Bei mir müssen die „Youngsters“ – also die Auszubildenden im Vorkurs –  erst mal 10 Minuten selber in Kleidung Modell stehen. Dann wissen sie, wie sich sowas anfühlt und wie anstrengend es ist.

Liliana, tönt ganz so, als ob du es noch eine Weile bei Claudia aushalten wirst. L: Ganz sicher. Auch wenn ich wegen meiner Berufstätigkeit nicht mehr so viel Zeit habe wie früher, um diesen spannenden Nebenjob zu machen. Aber solange ich noch das Gefühl habe, dass es Menschen Spass macht, mich zu zeichnen, stehe ich Modell. Und hin und wieder schenkt mir einer der Zeichnenden auch eines der Bilder, die er von mir gefertigt hat. Das berührt mich dann immer wieder sehr.

Liebe Liliana, liebe Claudia, herzlichen Dank für das Gespräch!

 

Wer sich selber einmal im (Akt-)-Zeichnen erproben möchte findet hier Kurse an der GBS St.Gallen